Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung der Bezugsberechtigung "verwitweter Ehepartner".
2. Zur Frage der konkludenten Genehmigung durch Einleitung eines Prozesskostenhilfeverfahrens seitens der Bezugsberechtigten gegen die nichtberechtigte Leistungsempfängerin.
Normenkette
BGB §§ 185, 331, 816; VVG § 159
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 16.03.2017; Aktenzeichen I-4 O 143/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. März 2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 53.843,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2016 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streithelfers der Klägerin trägt die Beklagte.
Die Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt die Streithelferin selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin oder ihr Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Auszahlung einer Versicherungsleistung aus einer von ihrem früheren Ehemann, dem am 10.12.2014 verstorbenen W K (im Folgenden: Erblasser) bei der Beklagten gehaltenen Risiko-Lebensversicherung.
Die Klägerin war vom 17.03.1986 bis zur Scheidung am 29.04.2010 mit dem Erblasser verheiratet.
Im Oktober 2006 erwarben die Klägerin und der Erblasser gemeinsam den Grundbesitz in der W Straße 27 in B. Der Kaufpreis wurde u.a. finanziert durch Aufnahme eines gesamtschuldnerischen Darlehens bei der C von 106.000,00 EUR, zu dessen Absicherung die beiden damaligen Ehegatten am 17.10.2016 Risikolebensversicherungen bei der Beklagten abschlossen. Als bezugsberechtigte Person "für alle tariflichen Leistungen und für die Überschussanteile nach dem Tod der versicherten Person" wurde wechselseitig angegeben: "verwitweter Ehepartner".
Als Todesfallleistung wurde bei Tod des versicherten Erblassers vor dem 01.11.2016 ein Betrag von 53.823,00 EUR vereinbart. Wegen der Einzelheiten der Versicherungsverträge wird auf die Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 9 d.A.) und auf die Anlage BLD 2 verwiesen.
Die Ehe der Klägerin und des Erblassers wurde am 29.04.2010 geschieden. Nach der Ehescheidung blieben die Klägerin und der Erblasser je hälftige Miteigentümer des erworbenen Grundbesitzes und hafteten für die aufgenommenen Darlehen weiter gesamtschuldnerisch.
Der Erblasser heiratete im Jahr 2014 die Streithelferin der Beklagten, Frau H K. Nach seinem Tod wurde er von der Streithelferin, die sich an der Rückführung der Darlehensverbindlichkeiten in der Folge nicht beteiligt hat, sowie seinen drei Kindern beerbt.
Im Dezember 2014 übersandte die Klägerin der Beklagten die Sterbeurkunde des Erblassers. Mit Schreiben vom 19.12.2014 bat die Beklagte die Klägerin um Mitteilung der Anschrift der Streithelferin, welche die Klägerin am 07.01.2015 telefonisch mitteilte.
Mit Schreiben vom 07.01.2015 erklärte die Streithelferin gegenüber der Beklagten die Kündigung der Versicherungsverträge (Anlage BLD 6). Am 21.01.2015 zahlte die Beklagte die Versicherungsleistung an ihre Streithelferin aus.
Mit Schreiben vom 12.02.2015 teilte die Beklagte dem vorherigen Bevollmächtigten der Klägerin, ihrem jetzigen Streithelfer, auf dessen Anfrage mit, dass ein Bezugsberechtigter genannt worden sei, ohne jedoch den Bezugsberechtigten zu nennen. Mit Schreiben vom 29.05.2015 teilte die Beklagte mit, dass "die Versicherungsleistung am 21.01.2015 an die bezugsberechtigte Person (H K) ausgezahlt" worden sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.07.2015 (Anlage BLD 12) setzte die Klägerin die Beklagte darüber in Kenntnis, dass sie nun ihren Anspruch "gegen die zweite Frau des Verstorbenen gerichtlich geltend" machen werde und bat diesbezüglich um Mitteilung der Höhe der ausgezahlten Versicherungsleistung.
Mit Schreiben vom 13.07.2015 (Anlage BLD 13) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Versicherungsleistung in Höhe von insgesamt 53.843,00 EUR an die "namentlich Begünstigte, Frau H K, überwiesen" worden sei. Zugleich übersandte die Beklagte eine Kopie des Versicherungsscheines an die Klägerin.
Die Klägerin hat sodann in dem Verfahren I-4 O 345/15 LG Arnsberg zunächst gegen die Streithelferin der Beklagten Ansprüche in Höhe von 53.843,00 EUR geltend gemacht. Ihr Antrag vom 24.07.2015 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 17.09.2015 abgelehnt. Die hiergegen gerichtet Beschwerde hat die Klägerin nach Hinweis des Oberlandesgerichts Hamm (I-10 W 169/15) mit Schriftsatz vom 02.02.2016 zurückgenommen.
Mit Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31.03.2016 wurde die Beklagte unter Fristsetzung zum 15.04.2016 zur Auszahlung der Versicherungsleistung aufgefordert, worauf di...