Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 18.03.1999; Aktenzeichen 4 O 363/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen – das am 18. März 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, soweit die Klägerin 2/3 ihres materiellen Schadens ersetzt verlangt sowie die Zahlung eines unter Berücksichtigung von 1/3 Mitverschulden zu bemessenden angemessenen Schmerzensgeldbetrages.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 2/3 aller weiteren materiellen Schäden aufgrund des Unfalles vom 20.08.1997 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind, ferner alle künftigen immateriellen Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 1/3.
Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des materiellen Schadens und des Schmerzensgeldes wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer der Parteien: unter 40.000,00 DM
Gründe
Am 20.08.1997 nahm die damals 77 Jahre alte Klägerin an einem Senioren-Tagesausflug zum G-Park in E teil. In dem dort von der Beklagten betriebenen Restaurant hielt sich die Reisegruppe am frühen Nachmittag zum Kaffeetrinken auf, verweilte anschließend auf dem Parkgelände und traf sich vor der für 18.00 Uhr geplanten Abreise wieder bei dem Restaurant. Die Klägerin wollte die Toilette des Restaurants aufsuchen. Beim Durchschreiten des von der Außenterrasse des Restaurants zu den Innenräumen führenden und zwischen den weit geöffneten Flügeltüren ca. 2 m breiten als Windfang gestalteten Eingangsbereiches stürzte sie, wie inzwischen unstreitig ist, über eine in den Steinfußbodenbelag eingelassene 2,2 bis 2,3 mm hohe Metallschiene. Dabei erlitt sie einen Oberschenkelhalsbruch links. Sie begehrt nunmehr bezifferten Schadensersatz einschließlich eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie die Feststellung künftiger Schadensersatzverpflichtung der Beklagten.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten sei nicht feststellbar, weil im Eingangsbereich eines Lokals mit leichten Unebenheiten gerechnet werden müsse und die Metallschiene keine besondere Gefahrenlage verursacht habe.
Im Berufungsverfahren, in dem die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt, halten die Parteien mit näheren Ausführungen an ihren unterschiedlichen Standpunkten zur Frage einer Verkehrssicherungspflichtverletzung fest.
II.
Die Berufung hat überwiegend Erfolg.
Die Beklagte haftet der Klägerin wegen schuldhafter Verkehrssicherungspflichtverletzung, allerdings nur in einem um 1/3 Mitverschulden der Klägerin gekürzten Umfang. Demgemäß war dieser Haftungsquote entsprechend dem Feststellungsbegehren stattzugeben und die Klage im übrigen für gerechtfertigt zu erklären. Über den Betrag der bezifferten Forderung der Klägerin muß das Landgericht entscheiden.
1.
Gemäß §§ 823 Abs. 1, 31 BGB ist die Beklagte der Klägerin zum Ersatz des materiellen und gemäß §§ 823 Abs. 1, 31, 847 BGB auch des immateriellen Schadens aus dem Unfall vom 20.08.1997 verpflichtet. Denn der Unfall beruht auf einer fahrlässigen Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten.
Als Betreiberin eines Ausflugslokales eröffnete die Beklagte ihre Räumlichkeiten einem breiten Publikumsverkehr und war daher zu entsprechender Verkehrssicherung verpflichtet. Zwar kann absolute Gefahrlosigkeit nicht verlangt werden und als Sicherungspflichtige durfte die Beklagte auch darauf vertrauen, daß sich Dritte in verständiger Weise auf erkennbare Gefahren einstellten. Nicht jede Erkennbarkeit einer Gefahrenstelle läßt jedoch schon die Sicherungspflicht entfallen. Maßgeblich sind vielmehr die konkreten Umstände im Einzelfall wie u.a. die Erwartungshaltung des Publikums, der Sicherungsbedarf des schutzbedürftigsten Teils des vor Gefahren zu bewahrenden Personenkreises, Größe und Ausmaß der Gefahr sowie auch die Zumutbarkeit einer Gefahrenbeseitigung (vgl. Staudinger/Hager, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (1999) § 823 Rn E 269 ff).
Die Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten liegt darin, daß sie im Bereich des Eingangs zu ihrem Restaurant die durch die 2,2 bis 2,3 mm hohe Metallschiene gebildete Stolperkante dort belassen hat und vor dieser Gefahrenquelle auch nicht in geeigneter Weise gewarnt hat.
Die durch einen Höhenunterschied begehbarer Flächen hervorgerufene Gefährdung muß stets im Zusammenhang mit den Gesamtumständen der einzelnen Örtlichkeit gesehen werden (vgl. BGH VersR 81, 482). So sind Höhenunterschiede von bis zu 2 cm auf öffentlichen Gehwegen grundsätzlich hinzunehmen (vgl. OLG Hamm zfs 95, 324; OLG Köln zfs 91, 256), nicht hingegen ohne weiteres etwa auf dem Boden einer Kaufhaustiefgarage (vgl. OLG Köln VersR 92, 469). Nahe einer Bahnsteigkante kann sch...