Leitsatz (amtlich)
1. Die Dauer der Verjährungshemmung ist für die in einem selbständigen Beweisverfahren untersuchten Mängel jeweils eigenständig zu beurteilen.
2. Jeder Mangel hat auch dann verjährungsrechtlich sein eigenes Schicksal, wenn die Mängel von einem Sachverständigen in einem Gutachten untersucht werden, das selbständige Beweisverfahren nach Erstellung des Gutachtens jedoch nur hinsichtlich einzelner Mängel weiterbetrieben wird.
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 04.07.2008; Aktenzeichen 17 O 31/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 04. Juli 2008 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 17 OH 47/04 LG Essen werden dem Kläger zu 7/8 und der Beklagten zu 1/8 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, während die Anschlussberufung des Klägers unbegründet ist.
Die Klage ist insgesamt abzuweisen, weil die von dem Kläger verfolgten Schadensersatzansprüche, die er auf die Behauptung stützt, die von der Beklagten vorgenommene Sanierung der Wohnhäuser F-Straße und F2-Straße in C weise Mängel auf, überwiegend zumindest verjährt sind und - soweit eine Verjährung nicht eingetreten ist - Mängel der Werkleistung der Beklagten nicht feststellbar sind.
Die Beurteilung der von dem Kläger erhobenen Forderungen richtet sich gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB nach der vor dem 01. Januar 2002 geltenden Fassung des bürgerlichen Gesetzbuches, weil die Beklagte die Werkleistungen aufgrund eines schon am 07. April 1999 geschlossenen Vertrages erbracht hat.
A. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 635 BGB a.F. ist hinsichtlich der an folgenden Gebäudeteilen gerügten Mängel jedenfalls verjährt:
- Wohnhaus F-Straße, Erdgeschoss rechts (Mieter N)
- Treppenhäuser der Häuser F-Straße und F2-Straße
- Rissbildungen an der Fassade des Hauses F2-Straße
Die Verjährungsfrist ist zwar zunächst rechtzeitig durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens 17 OH 47/04 LG Essen gehemmt worden. Im Anschluss an die für die einzelnen Mängel jeweils eigenständig zu beurteilende Beendigung der Hemmung hat der Kläger jedoch bezüglich der oben genannten Gebäudeteile erst Klage erhoben, als die verbleibende Verjährungsfrist bereits vollständig abgelaufen war.
Nach § 8 Nr. 1 des Generalunternehmervertrages vom 07.04.1999 (Bl. 44-51, 49 GA) betrug die Gewährleistungsfrist fünf Jahre nach BGB und begann mit der förmlichen Abnahme nach § 7 des Vertrages. Beim Abnahmetermin vom 23.12.1999 ist der Beginn des Gewährleistungszeitraums für den 31.12.1999 vereinbart worden (Protokoll Bl. 60 GA). Der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens 17 OH 47/04 ist am 24.12.2004 beim Landgericht Essen eingegangen (Bl. 1 BA) und demnächst am 03.01.2005 zugestellt worden (Bl. 84 BA). Damit war die Verjährung für die Mängel, auf die sich der Antrag bezog, gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 167 ZPO, Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB seit dem 24.12.2004 gehemmt, so dass bis zum Verjährungseintritt noch sieben Tage offen waren.
Die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens. Entgegen der Ansicht des Landgerichts richtet sich die Beendigung nicht ohne weiteres für alle im Laufe eines selbständigen Beweisverfahren untersuchten Mängel einheitlich nach dem Zeitpunkt, zu dem das selbständige Beweisverfahren als solches verfahrensmäßig abgeschlossen ist. Die Beklagte macht zu Recht geltend, dass die Verjährung differenziert für einzelne Mängel zu beurteilen ist, so dass sich hinsichtlich verschiedener Mängel eines Bauvorhabens ein unterschiedlicher Lauf der Verjährung ergeben kann. Jeder Mangel kann verjährungsrechtlich sein eigenes Schicksal haben. Dies gilt auch für die verjährungsrechtlichen Folgen eines selbständigen Beweisverfahrens. Die Hemmung tritt bei Einleitung eines solchen Verfahrens nur für die Mängel ein, die Gegenstand des Antrags sind. Die Hemmung kann zudem zu unterschiedlichen Zeitpunkten enden, soweit es sich, auch unter Berücksichtigung der Symptomtheorie, um verschiedene, voneinander unabhängige Mängel handelt. Wird das selbständige Beweisverfahren - etwa durch ergänzende Fragen und die Einholung eines Ergänzungsgutachtens - zu einem Mangelpunkt fortgesetzt, führt dies nicht zu einer Hemmung auch hinsichtlich eines anderen Mangels, der nicht mehr Gegenstand des weiteren Verfahrens ist (siehe BGH BauR 1993, 221 = NJW 1993, 851; OLG München ibr 2007, 1127 = NZBau 2007, 375; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rnrn. 100, 111; Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht , Stand 03.06.2008, § 634a BGB Rn. 135; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 6. Teil Rn. 112; Palandt-Heinrichs, ...