Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen 11 O 13/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Essen vom 22.4.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 59.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.7.2008 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung der Klägerin (Nominalbetrag 100.000 EUR) an der X GmbH & Co. KG sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag vom 15.7.2004 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen bestehenden und zukünftigen Verbindlichkeiten freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar resultieren aus dem von der Klägerin bei der W2 AG zum Konto mit der Nummer ... aufgenommenen Darlehen (nomineller Nettodarlehensbetrag: 45.500 EUR, Nominalzins 7,475 %, Laufzeit bis 30.11.2014), Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung der Klägerin (Nominalbetrag 100.000 EUR) an der X GmbH & Co. KG sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag vom 15.7.2004.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus der Beteiligung der Klägerin (Nominalbetrag 100.000 EUR) an der X GmbH & Co. KG sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag vom 15.7.2004 in Verzug befindet.
4. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit einer am 15.7.2004 gezeichneten Beteiligung an dem Film und Entertainment X GmbH & Co. KG (im Folgenden X) in Anspruch.
Unternehmerisches Ziel des X war die Produktion von Filmen, die über Lizenznehmer vermarktet werden sollten. Der Beitritt zum Fonds fand über die W GmbH als Treuhandkommanditistin statt. Nach der Konzeption des Fonds hatte der Anleger bei Zeichnung eine Bareinlage von 54,5 % zzgl. 5 % X3 bezogen auf den Nennwert der Kommanditbeteiligung an die Fondsgesellschaft zu erbringen; auf diese Bareinlage wurden Ausschüttungen i.H.v. 8 % ab 2006 in Aussicht gestellt. Der restliche Teil des Beteiligungsbetrages i.H.v. 45,5 % war obligatorisch durch Aufnahme eines Kredites bei der W2 AG zu finanzieren, wobei die zu vereinbarende Darlehenslaufzeit mit dem planmäßigen Ende des Fonds - hier der 30.11.2014 - zusammenfiel. Die für die Darlehensvaluta vereinbarten Zinsen wurden gleichfalls bis zum 30.11.2014 zinsfrei gestundet. Die Mittel zur Tilgung des Darlehens und zur Zahlung der Zinsen hatte nach den Angaben in dem zum Fonds aufgelegten Prospekt am Laufzeitende die Fondsgesellschaft zu stellen, und zwar aus Schlusszahlungen aus den noch abzuschließenden Lizenzverträgen, die wirtschaftlich durch eine Schuldübernahme der W2 AG gesichert werden sollten. Zur Sicherung der Rückzahlung des Darlehens und der Zinsen hatte der Anleger seine Beteiligung an der Fondsgesellschaft inklusive aller Vermögensrechte an die finanzierende Bank zu verpfänden. Ferner war vorgesehen, dass die Fondsgesellschaft zur Besicherung der Anteilsfinanzierungen der finanzierenden Bank ihre Auszahlungsansprüche aus den Schuldübernahmeverträgen verpfändet. Auf S. 63 (Bl. 106 GA) unter Ziff. 8 (Investitionsplanung/Modellrechnung) enthielt der Prospekt eine Tabelle zur Investitionsplanung, die unter Nr. 3 eine Mittelverwendung von 4,9 % für die Eigenkapitalvermittlung vorsah. In den nachfolgenden Erörterungen dazu (Bl. 107 GA) hieß es: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der X2 AG abgeschlossen. Die Vergütung wird i.H.v. 4,9 % des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die X2 AG das X3." Ferner wurde darauf hingewiesen, dass das X3 der Eigenkapitalvermittlerin, der X2 AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen dient. Wegen des Weiteren Inhalts des Fondsprospekts wird auf Bl. 45 ff. Bezug genommen.
Die Beklagte war gem. einer am 31.3.2004 geschlossenen Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung mit der zur VIP Gruppe gehörenden X2 AG als Eigenkapitalvermittlerin geworben worden. Nach dieser Vereinbarung hatte die Beklagte Zeichnungen von Anlegern einzuholen, die beabsichtigten, sich an der Fondsgesellschaft zu beteiligen, wobei die Beklagte im Rahmen der hierzu führenden Gespräche nur Daten und Fakten verwenden durfte, die ihr von der X2 AG oder der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden waren; abweichende oder darüber hinausgehende Angaben zu dem Beteiligungsangebot waren gem. der Vereinbarung grundsätzlich nicht zulässig. Für ihre Tätigkeit wurde der Beklagten je nach Vermitt...