Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 21.05.1974; Aktenzeichen 9 O 219/74)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landesgerichts Bielefeld vom 21. Mai 1974 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600,– DM, die auch durch Bank- oder Sparkassenbürgerschaft erbracht werden kann, abwenden.

 

Tatbestand

Am 15. Dezember 1972 verursachte der Beklagte zu 2) mit seinem Pkw, der bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert war, in … einen Unfall. Die Parteien sind sich darüber einig, daß der Beklagte zu 2) diesen Unfall schuldhaft herbeigeführt hat. Die Mutter des Beklagten zu 2), die auf dem Beifahrersitz seines Pkw's saß, wurde bei dem Unfall erheblich verletzt, so daß sie vom 15. Dezember 1972 bis zum 2. Februar 1973 arbeitsunfähig war.

Die Mutter des Beklagten zu 2) ist bei der Klägerin beschäftigt. Dieser entstanden für die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit der Mutter des Beklagten zu 2) durch Fortzahlung des Lohnes und der Sozialbeiträge folgende Kostens

Fortgezahlter Lohn

1.256,32 DM

Sozialversicherung

178,55 DM

Urlaubslohn

107,34 DM

Urlaubsgeld

30,– DM

insgesamt

1.572,21 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen: Ihr stehe gemäß § 4 Lohnfortzahlungsgesetz –LFZG– wegen der von ihr geleisteten Lohnfortzahlung gegen die Beklagten ein Ersatzanspruch zu. Der Übergang dieser Ersatzforderung, sei nicht in entsprechender Anwendung des § 67 Abs. 2 VVG ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 67 Abs. 2 VVG sei nicht entsprechend anzuwenden, weil der mit dieser Rechtsnorm verfolgte Schutzzweck im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Der Regreßanspruch bedeute für den Beklagten zu 2) und seine Familie auch keine unbillige Härte, da die Beklagte zu 1) als Haftpflichtversicherung letztlich den Schaden zu tragen habe. Im übrigen spreche gegen eine Analogie, daß in das Lohnfortzahlungsgesetz keine dem § 67 Abs. 2 VVG entsprechende Regelung aufgenommen worden sei, obwohl es sich um ein neueres Gesetz handle. Überdies seien die tatsächlichen Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 VGG nicht gegeben, denn der Beklagte zu 2) lebe nicht in häuslicher Gemeinschaft mit seiner Mutter. Er habe im Hause seiner Eltern eine eigene Wohnung und zahle ein monatliches Kostgeld von 200,– DM.

Die Klägerin, die behauptet hat, sie nehme Bankkredit zu einem Zinssatz von 12 % in Anspruchs forderte die Beklagte zu 1) mit Sehreiben vom 23. Oktober 1973 auf, den Schaden zu begleichen. Diese lehnte eine Regulierung ab.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.572,21 DM nebst 12 % Zinsen seit dem 24. Oktober 1973 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage ab zuweisen.

Sie haben vorgetragen: Der Rechtsgedanke des § 67 Abs. 2 VVG sei auch auf die Vorschrift des § 4 LFZG anwendbar. Die Interessenlage sei die gleiche wie bei dem Forderungsübergang gemäß § 1542 RVO, auf den die Rechtsprechung ebenfalls den § 67 Abs. 2 VVG angewendet habe. Die tatsächlichen Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 VVG seien ebenfalls gegeben. Der Beklagte zu 2) zahle an seine Eltern Kostgeld und nehme an den gemeinschaftlichen Mahlzeiten teil. Er besitze keine eigene Wohnung im Hause seiner Eltern.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. In den Gründen hat es ausgeführt, der Anspruch der Mutter des Beklagten zu 2) auf Ersatz ihres Verdienstausfalls gegen die Beklagten sei gemäß § 4 LFZG auf die Klägerin übergegangen. Ein Ausschluß des Forderungsübergangs aufgrund entsprechender Anwendung des § 67 Abs. 2 VVG finde nicht statt. Zwar sei in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 67 Abs. 2 VVG unter den dort genannten Voraussetzungen der Forderungsübergang gemäß §§ 1542 RVO und 87 a BBG ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn für den Angehörigen eine Haftpflichtversicherung bestehe. Der private Arbeitgeber könne insoweit aber nicht mit den Versicherungsträgern und der öffentlichen Hand auf die gleiche Stufe gestellt werden, Eine entsprechende Anwendung des § 67 Abs. 2 VVG auf diesen Fall würde zu einer bei bestehendem Versicherungsschutz nicht berechtigten Benachteiligung des Arbeitgebers führen.

Gegen dieses Urteil, auf dessen weiteren Inhalt Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin Klagabweisung begehren.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

im Falle einer revisionsfähigen Entscheidung den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank erbracht werden könne, abzuwenden.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung, die auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden kan...

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