Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenlassen einer Frage ist keine Verneinung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Offenlassen einer Frage bedeutet nicht stets deren Verneinung. Maßgeblich ist die Auslegung im Einzelfall.
2. Bei Falschangaben eines Wissenserklärungsvertreters kommt es auf dessen Kenntnis an.
3. Nutzlos aufgewandte Sachverständigenkosten können nach erfolgreicher Anfechtung des Vertrages wegen c.i.c. erstattungspflichtig sein.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 16.10.2003; Aktenzeichen 25 O 56/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Nebenintervenientin wird das am 16.10.2003 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Bielefeld teilweise abgeändert und so neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.291,66 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 3.000 Euro seit dem 4.3.2003 sowie weiteren 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.291,66 Euro seit dem 20.3.2003 zu zahlen. Die weitere Klage und die Widerklage bleiben abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten der 1. Instanz tragen die Beklagte zu 54 % und der Kläger zu 46 %. Die Kosten der Nebenintervenientin werden zu 46 % dem Kläger auferlegt. Die weiteren Kosten der Nebenintervention trägt die Nebenintervenientin selbst.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten werden zu 46 % dem Kläger, zu 40 % der Beklagten und zu 14 % der Nebenintervenientin auferlegt.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte zu 29 % und die Nebenintervenientin zu 25 %. Im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt diese selbst.
Die Kosten der Nebenintervenientin werden zu 75 % dem Kläger auferlegt. Im Übrigen trägt sie sie selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages erbringt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch und verlangt die Rückzahlung erbrachter Versicherungsleistungen.
Die Beklagte unterhielt bei dem Kläger eine Hausratversicherung sowie eine Gebäudeversicherung.
Die Hausratversicherung (Vers.-Nr. ...) wurde von der Beklagten am 24.6.1999 zum 23.4.2000 beantragt. Der Versicherungsantrag wies als Vorversicherer die A. aus; die im Antragsformular formulierte Frage nach Vorschäden blieb offen, obwohl unstreitig folgende Vorschäden von der A. reguliert worden waren:
12.9.1993 971,00 Euro
13.4.1998 6.306,00 Euro
22.12.1999 255,00 Euro
Den Versicherungsantrag stellte für die Beklagte die Nebenintervenientin, für die der damals dort angestellte Zeuge M. tätig wurde.
Der Kläger erbrachte aus der Hausratversicherung folgende Versicherungsleistungen an die Beklagte:
Versicherungsfall
2.10.2001 2.556,46 Euro
5.6.2002 204,52 Euro
10.1.2003 10.000,00 Euro
13.700,00 Euro
insgesamt 26.460,98 Euro
Die Beklagte erwarb 1998 (Gefahrübergang April 1998) das von ihr derzeit noch bewohnte Objekt "H.-Weg 23" in Bielefeld. Die Voreigentümer unterhielten für dieses Objekt eine Wohngebäudeversicherung beim D. H.; die Beklagte trat als Erwerberin in den Vertrag mit dem D. H. ein.
In dem Vertragsverhältnis mit dem D. H. sind in der Gebäudeversicherung an folgenden Daten Vorschäden in unterschiedlicher Höhe geltend gemacht worden:
25.1.1990 Sturm 1.022,58 Euro
21.3.1992 Sturm 182,02 Euro
12.11.1993 Leitungswasser 1.978,70 Euro
1.4.1998 Leitungswasser 11.273,06 Euro
21.9.1998 Leitungswasser Reservehaltung
1.6.2000 Leitungswasser 255,65 Euro
2.10.2001 Leitungswasser 5.980,06 Euro
Der Schadensfall vom 1.4.1998 betraf einen Leitungswasserschaden, der dadurch ausgelöst wurde, dass der Voreigentümer der Beklagten eine Tauchpumpe entfernt hatte, was zu einer Durchnässung des Estrichs und zur Beschädigung untergestellten Mobiliars führte. Der Schadensbetrag von 11.273,06 Euro wurde der Beklagten ausgezahlt.
Im Anschluss an den zuletzt regulierten Schaden vom 2.10.2001 kündigte der D. H. mit Schreiben vom 29.4.2002 den Versicherungsvertrag mit einer Frist von einem Monat nach Zugang der Kündigung.
Unter dem 28.5.2002 beantragte die Beklagte, vertreten durch die Firma E. Versicherungsmakler (Streitverkündete zu 2), den Abschluss einer Wohngebäudeversicherung zum 1.6.2002, verbunden mit einem Antrag auf Deckung zum 28.5.2002. Den Antrag vom 28.5.2002 füllte wiederum der Zeuge M. aus, der inzwischen bei der Firma E. Versicherungsmakler tätig war. Der Versicherungsantrag wies als Vorversicherer den D. H. aus; die Frage nach Vorschäden war mit "1" beantwortet.
Der Kläger nahm den Antrag an (Vers.-Nr. ...).
Der Kläger erbrachte aus der Gebäudeversicherung für einen Versicherungsfall vom 10.1.2003 einen Vorschuss von 3.000 Euro.
Für die Feststellungen zu Grund und Höhe des Schadens vom 10.1.2003 wendete der Kläger Gutachterkosten i.H.v. 1.291,66 Euro auf.
Im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall ...