Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 9 O 303/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das am 26.03.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (9 O 303/18) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin bestellte am 03.06.2009 einen X U T&T 2.0 l ... (Neuwagen) zu einem Gesamtpreis inkl. Winterräder i.H. von 34.120,01 EUR (vgl. Anlagen K 1 und K 3) bei dem Autohaus R GmbH & Co KG. Der U wurde am 25.09.2009 zugelassen (vgl. Anlage K 2). Dieses Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 ausgestattet, der bei Auslieferung mit einer Software ausgestattet war, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusste. Dies funktionierte dergestalt, dass die Abgasrückführung in dem Motor in zwei unterschiedlichen Betriebsmodi laufen konnte. Im optimierten Modus 1, der auf dem Prüfstand lief, kam es zu einer relativ hohen Abgasrückführung im Motor, wodurch die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte eingehalten wurden. Demgegenüber war die Abgasrückführungsrate im Modus 0, der im Straßenverkehr aktiv war, geringer, und der Stickoxidausstoß damit höher. Der streitgegenständliche Pkw ist als Fahrzeug der Abgasnorm "Euro 5" klassifiziert. Dieses System war nach Auffassung des Kraftfahrtbundesamtes eine unzulässige Abschalteinrichtung. Dieses forderte mit Bescheid vom 16.10.2015 die Beklagte auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen. Die Klägerin hat am 13.02.2017 das Softwareupdate an dem Fahrzeug durchführen lassen, das die von der Beklagten als Umschaltlogik bezeichnete Motorsteuerung beseitigte. Seitdem läuft der Motor im Wesentlichen nur im sog. Modus 1.

Die Klägerin hat insgesamt die Zahlung von 31.642,72 EUR verlangt. Hierbei hat sie von dem Kaufpreis von 28.000,01 EUR (Kaufpreis von 34.120,01 EUR ./. der Inzahlungnahme ihres alten P im Rahmen einer Umweltaktion) eine Nutzungsentschädigung abgezogen, aber zusätzlich Ersatz von Aufwendungen für Inspektionen und TÜV sowie Zinsen verlangt.

Die Klägerin hat behauptet, dass der Vorstand der Beklagten inklusive der Vorstandsvorsitzenden in allen Einzelheiten gewusst habe, dass in Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 eine Software verwendet worden sei, die eine unzulässige Abschaltvorrichtung beinhaltet habe. Dem Vorstand sei auch bekannt gewesen, dass bei Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtungen die Betriebserlaubnisse der Fahrzeuge hätten nachträglich zurückgenommen werden können. Wenn die Klägerin hiervon gewusst hätte, hätte sie den PKW nicht erworben. Zudem drohten wegen der Feinstaubproblematik Fahrverbote auch für das Fahrzeug der Klägerin. Es sei aufgrund des Abgasskandals ein merkantiler Minderwert eingetreten. Auch mit dem Softwareupdate könne kein Zustand erreicht werden, bei dem die betroffenen Fahrzeuge "sauber" würden und im normalen Fahrbetrieb die gesetzlichen Grenzwerte einhalten könnten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 31.642,72 EUR zzgl. Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2018 auf einen Betrag i.H. von 19.125,31 EUR zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs X U T&T 2.0 ... mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer ...0...000001 mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... 0000, dessen Rückübereignung und Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil I und II und der dazugehörigen Fahrzeugschlüssel,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug mit der Rücknahme des im Antrag zu 1. aufgeführten Fahrzeugs befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H. von 1.358,86 EUR zzgl. Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2018 zu zahlen,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über das im Antrag zu 1 genannten Fahrzeug zusammenhängen, zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die streitgegenständliche Software stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar, da sie nicht im realen Fahrbetrieb auf das Emissionskontrollsystem einwirke. Auf die im realen Fahrbetrieb erreichten Abgaswerte komme es nicht an, da sich die gesetzlichen Vorgaben lediglich auf den Betrieb im Prüfzyklus bezögen. Das Fahrzeug habe stets über eine wirksame EG-Typengenehmigung für die Emissionsklasse "Euro 5" verfügt. Es habe auch nie die Entziehung der Typengenehmigung gedroht. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe lediglich eine Nebenbestimmung zur ursprünglichen Typengenehmigung erlassen, so dass spätestens seit der Freigabe de...

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