Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtstrafenbildung, Verschlechterungsverbot, Strafaussetzung zur Bewährung

 

Leitsatz (amtlich)

Darstellungsmangel bei der Gesamtstrafenbildung. Abhängigkeit der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung von der gesamten Straffrage. Unzulässigkeit der Strafaussetzung zur Bewährung bei einer Freiheitsstrafe von über 2 Jahren, von der ein Teil für vollstreckt erklärt wird.

 

Normenkette

StGB § 56; StPO § 352; StGB §§ 53-55; StPO §§ 318, 331, 344

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Entscheidung vom 13.03.2012; Aktenzeichen 47 Ns 613 Js 36/11 (98/12))

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den darin zum Rechtsfolgenausspruch getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der Nebenklage, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Schöffengericht I - Hagen hat den Angeklagten durch Urteil vom 13. März 2012 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Witten vom 5. Januar 2011 (Az.: 9 Ls 46 Js 286/07 - 33/10) und unter Auflösung der darin gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, wobei das Amtsgericht für die hier abgeurteilte Tat eine Einzelstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt hat. Das Amtsgericht Witten hatte in dem vorgenannten einbezogenen Urteil drei Monate der verhängten Strafe wegen überlanger Verfahrensdauer für verbüßt erklärt. Von der Einbeziehung der gegen den Angeklagten durch Strafbefehl des Amtsgerichts Hagen vom 23. April 2010 (Az.: 19 Cs 872 Js 375/09 - 417/09) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verhängten Geldstrafe in Höhe von 15 Tagessätzen zu je 35,- € hat das Amtsgericht Hagen gemäß § 53 Abs. 2 S. 2 StGB abgesehen.

Nach den in dem amtsgerichtlichen Urteil vom 13. März 2012 getroffenen Feststellungen erhielt der Angeklagte am 10. Februar 2010 von dem Zeugen und Nebenkläger y einen Brief mit beleidigendem Inhalt, der sich insbesondere gegen die Ehefrau und die Kinder des Angeklagten richtete. Aufgrund dieser Beleidigungen beabsichtigte der Angeklagte, sich an dem Zeugen y rächen und begab sich am 10. Februar 2010 in das Café E in der C-Straße in I, wo sich der Zeuge häufig aufhielt. Bei diesem ersten Aufsuchen traf er den Zeugen jedoch nicht an, so dass er am 11. Februar 2010 gegen 0.30 Uhr in der Hoffnung, den Zeugen dort anzutreffen, erneut zu dem Café fuhr, nunmehr in Begleitung eines unbekannt gebliebenen Mittäters. Vor dem Café wartete der gesondert verfolgte D, ein Schwager der Ehefrau des Angeklagten, den dieser zum Café bestellt hatte. Im Verlauf einer zunächst verbalen und heftigen Auseinandersetzung kündigte der Angeklagte dem Zeugen y mehrfach an, dass er umgebracht werde. Schließlich zog der unbekannt gebliebene Mittäter ein großes, macheteähnliches Messer mit einer Klingenlänge von 50 cm aus seinem Gürtel und schlug damit auf den Zeugen y ein, wobei er in Richtung Kopf oder Oberkörper zielte. Einen entsprechenden Treffer konnte der Zeuge jedoch abwenden, indem er auswich und seine Arme nach oben riss. Hierdurch landete der Schlag mit dem Messer in der rechten Innenhand des Zeugen und verursachte dort eine tiefe, 6 cm lange Hiebwunde, die heftig blutete, und anschließend im Krankenhaus mit 12 Stichen genäht werden musste. Auch nach dem Schlag äußerte der Angeklagte gegenüber dem Zeugen y: "Wir bringen dich um". Zu einer weiteren Attacke mit dem Messer kam es jedoch nicht mehr, da der unbekannt gebliebene Mittäter durch den gesondert verfolgten D und andere Gäste abgedrängt wurde. Die Verletzungen des Zeugen sind zwischenzeitlich weitgehend folgenlos ausgeheilt, es besteht jedoch weiterhin ein Taubheitsgefühl in dessen Hand.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen hat der Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel in der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht Hagen mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruches beschränkt.

Die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen hat mit dem angefochtenen Urteil vom 19. November 2013 unter Verwerfung der Berufung des Angeklagten im Übrigen den Rechtsfolgenausspruch des amtsgerichtlichen Urteils aufgehoben und neu gefasst. Der Angeklagte ist unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Witten vom 5. Januar 2011 und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden, von denen das Landgericht Hagen drei Monate wegen überlanger Dauer des dem einbezogenen Urteil vom 5. Januar 2011 zugrunde liegenden Verfahrens für vollstreckt erklärt hat. Die Berufungskammer ist von einer wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung ausgegangen und hat für die vom Amtsgericht festgestellte Tat eine Freiheit...

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