Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Anfechtbarkeit wegen Verschweigen einer Alkoholerkrankung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur (hier bejahten) Anfechtbarkeit einer Lebensversicherung, wenn der Versicherungsnehmer bei Antragstellung eine - frühere - Alkoholabhängigkeit und deren Folgen verschweigt.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 14.12.2006; Aktenzeichen 2 O 101/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.12.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % der beizutreibenden Beträge leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt als Bezugsberechtigte aus einer seitens ihres verstorbenen Ehemannes bei dem Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherung Versicherungsleistungen.

Der Ehemann der Klägerin, Dr. V, beantragte am 2.9.2004 über den Versicherungsmakler S bei der Beklagten den Abschluss einer Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall. Die bei Antragstellung u.a. gestellten Gesundheitsfragen,

"2. Waren Sie in den letzten 10 Jahren in ärztlicher Behandlung wegen Herz-/Kreislauferkrankungen/z.B. Herzinfarkt, Angina pectoris), Beschwerden der Wirbelsäule und Gelenke (z.B. Bandscheibenvorfall, Rheuma, Gicht), Erkrankungen der Atmungsorgane (z.B. Asthma), der Verdauungsorgane (z.B. Morbus Crohn), der Nieren (z.B. Zystennieren), Tumorerkrankungen, psychischer Leiden/Nerven- oder Geisteskrankheiten (z.B. Depressionen, Selbstmordversuch) oder Suchterkrankungen?,

3. Haben in den letzten 5 Jahren ärztliche oder andere Behandlungen, Krankenhaus-, Heil- oder Kuraufenthalte stattgefunden?, (...)

7. Haben Sie in den letzten 5 Jahren mehr als einen Monat lang täglich Medikamente genommen oder an mehr als 30 Tagen im Jahr ein gleichartiges Medikament (auch Schlaf-, Schmerz-, Aufputsch- oder Beruhigungsmittel)?"

beantwortete der Ehemann der Klägerin ausweislich des schriftlichen Antragsformulars (Bl. 5 R) zu 2. und 7. mit "nein" und zu 3. mit "ja" und gab hierbei ergänzend an:

"Nierenspende, 2001, keine Folgen".

Die Beklagte policierte am 29.9.2004 mit Versicherungsbeginn 1.10.2004. Versichert waren eine anfängliche Todesfallsumme von 185.000 EUR bei Versterben bis zum 1.10.2005 sowie eine Erlebensfallsumme von 51.850 EUR. Zudem sollten die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kapitalversicherung mit Wahlrecht auf Kapitalzahlung oder Verrentung gelten (AVB; vgl. zu den Einzelheiten des Versicherungsscheines Bl. 9 ff.).

Nachdem der Ehemann der Klägerin am 28.5.2005 verstorben war, beantragte die Klägerin bei der Beklagten die in der Lebensversicherung bedungenen Leistungen.

Die Beklagte ermittelte über die den Ehemann der Klägerin behandelnden Ärzte und dessen privaten Krankenversicherer, dass bereits vor Antragstellung bestehende Alkoholprobleme ärztlicherseits dokumentiert worden waren. Ausweislich des Arzt-Fragebogens Dres. med. B vom 13.6.2005 (Anlage B 3 zum Schriftsatz vom 19.5.2006) bestanden seit 2000 chronische rezidivierende Alkoholprobleme, wegen deren der Ehemann der Klägerin sich auch stationärer Entwöhnungsbehandlungen unterzogen hatte. Nach dem Arztbericht des Fachklinikum W vom 11.10.2001 (Anlage K 7 zum Schriftsatz vom 19.5.2006) war dort im Zeitraum 14.9.2001 bis 4.10.2001 eine Entwöhnungsbehandlung nach diagnostizierter Gamma-Alkoholabhängigkeit durchgeführt worden. Eine weitere stationäre Behandlung in dieser Klinik erfolgte vom 24.6.2002 bis 14.10.2002 (vgl. RehabilitationsberichT./Anlage K 8 zum Schriftsatz vom 19.5.2006). In dem Leistungsauszug des privaten Krankenversicherers sind ärztliche Behandlungen im Zusammenhang mit diagnostizierten Störungen durch Alkohol und alkoholischer Fettleber u.a. an folgenden Behandlungsdaten dokumentiert worden: 7.9.2001, 14.9.2001, 22.4.2002, 16.6.2002, 18.6.2002, 3.7.2002, 10.5.2004, 7.6.2004, 5.7.2004, 16.8.2004 und 14.9.2004.

Mit Schreiben vom 23.9.2005 erklärte der Beklagte ggü. der Klägerin die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung und lehnte die Erbringung von Leistungen aus der bei ihr genommenen Lebensversicherung ab.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.10.2005 zur Zahlung auf. Die Beklagte hielt an ihrer Leistungsablehnung fest.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich auf Leistungsfreiheit nicht berufen. Die erklärte Anfechtung sei mangels arglistiger Täuschung durch ihren Ehemann unwirksam. Hierzu hat sie behauptet, der Versicherungsmakler S habe nach Angabe der Nierenspende aus 2001 erklärt, es sei nicht notwendig, sämtliche weiteren Erkrankungen aufzunehmen. Die Beklagte werde ohnehin Rückfrage bei dem behandelnden Arzt nehmen (Beweis: Zeugnis S). Die Klägerin hat weiter behauptet, ihr Eh...

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