Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenbarungspflichten des Maklers bezüglich möglicher Schadstoffbelastungen eines Fertighauses aus den 70er Jahren
Leitsatz (amtlich)
1. Schadstoffbelastungen "eingekapselter" Baustoffe, die sich nicht auf die Raumluft auswirken, sind grundsätzlich erst dann zu offenbaren, wenn der Maklerkunde Umbaumaßnahmen konkret thematisiert.
2. Der Makler muss nicht allgemein über mögliche Schadstoffbelastungen eines Fertighauses aus der betreffenden Bauzeit aufklären.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 652 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 02 O 40/17) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 1.6.2017 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für die Berufung: 11.000,00 EUR
Gründe
A. Die Klägerin trat mit der L-Immobilien GmbH (im Folgenden: L GmbH) wegen des Erwerbs eines Wohnhauses in F, des von ihr später erworbenen und seither bewohnten Objekts, in Kontakt. Dabei handelt es sich um ein unterkellertes Fertighaus des Herstellers P aus dem Jahr 1971 oder 1972. Die L GmbH übersandte der Klägerin am 9.2.2009 Objektunterlagen. Am 16.2.2009 unterzeichnete die Klägerin ein ihr von der L GmbH vorgelegtes Formular "Objektnachweis mit Courtagevereinbarung und Auftrag für Notartermin", in dem u.a. die Mitteilung enthalten war, dass "die Sparkasse ... das Maklergeschäft in Vertretung der M Immobilien GmbH in N" (nunmehrige Beklagte) betreibe und in dem die Klägerin für den Fall eines Vertragsabschlusses die Bezahlung einer Courtage in Höhe von 3 % zzgl. Umsatzsteuer versprach. Es fand zumindest eine Besichtigung des Hauses statt, bei der die Klägerin mitteilte, Küche und Bad umbauen und Fenster sowie Haustüre erneuern zu wollen. Die Klägerin sprach ferner einen von ihr wahrgenommenen "muffigen" Geruch an, worauf die Mitarbeiterin der L GmbH wahrheitsgemäß erklärte, das Gebäude sei zuvor von zwei älteren Leuten bewohnt worden. Die Klägerin erwarb das Hausgrundstück im Mai 2009 zum Preis von 110.000,00 EUR. Nach Abschluss des Kaufvertrags erhielt sie den Energieausweis. Im Jahr 2013 beabsichtigte die Klägerin eine Aufstockung des Hauses. Hinzugezogene Handwerker gaben ihr den Hinweis auf eine mögliche Asbestbelastung. Sie kontaktierte die Fa. V, die bei dem Ortstermin am 12.7.2013 einen "stark auffälligen Geruch" wahrnahm, aber selbst keine Messungen oder Probeentnahmen veranlasste, sondern weitergehende Untersuchungen vorschlug. Unter dem 21.7.2013 verfasste die Klägerin ein Schreiben an die L-GmbH, in dem sie mitteilte, nunmehr festgestellt zu haben, dass ihr Haus "voller Giftstoffe stecke". Sie beauftragte die Fa. D GmbH mit der Untersuchung des Hauses auf Schadstoffe; der schriftliche Untersuchungsbericht datiert vom 12.3.2014. Danach sind der Fensterkitt sowie die Fassadenbauteile asbesthaltig, Kaminrevisionsklappen und die Kellergeschossrippenheizung wurden als potentiell asbesthaltig bezeichnet. Demontage- und Sanierungsarbeiten seien gem. den einschlägigen Bestimmungen durchzuführen.
Die Klägerin leitete vor dem Landgericht Bonn gegen die L GmbH am 17.11.2014 zunächst ein selbstständiges Beweisverfahren ein, dessen Gegenstand u.a. auch die Frage nach der Höhe einer etwaigen Wertminderung unter Berücksichtigung vorgefundener Schadstoffbelastungen war. Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. P, der seinerseits ein Ingenieurbüro O mit der Beantwortung einzelner Fragen aus dem Beweisbeschluss beauftragt hatte, erstellte sein Gutachten unter dem 1.6.2015; er gelangte zu einer Wertminderung in Höhe von 11.000,00 EUR. Mit ihrer am 25.8.2016 eingereichten Klage vor dem Landgericht Bonn (Az. 9 O 392/16) nahm die Klägerin die L GmbH auf Zahlung von 11.000,00 EUR in Anspruch. Sie verkündete der hiesigen Beklagten im Schriftsatz vom 30.11.2016, eingegangen beim Landgericht am 1.12.2016 und der Beklagten am 9.12.2016 zugestellt, den Streit. Die Klägerin nahm die Klage gegen die L GmbH mit Schriftsatz vom 19.1.2017 zurück, nachdem das Landgericht den Hinweis erteilt hatte, dass ein Maklervertrag nicht mit der L GmbH zustande gekommen sei und die Voraussetzungen des § 311 Abs. 3 BGB nicht vorlägen.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagten sei die Schadstoffbelastung, wie sie sich aus der Untersuchung der Fa. D GmbH ergeben habe, bekannt gewesen. Auch sei es "in Fachkreisen" hinlänglich bekannt, dass P-Häuser in den Jahren 1965 - 1980 "in der Regel mit gesundheitsschädlichen Baustoffen" errichtet worden seien. Bereits aus der "Baubeschreibung" des hier errichteten "Typs 79" sei ersichtlich gewesen, dass Asbest verbaut worden sei. Das Haus sei damit für die vorgesehene Verwendung angesichts der zur Sprache gekommenen Umbauvorhaben und der von der L GmbH selbst geäußerten "Modernisierungsempfehlung" zum Energieausweis nicht uneingeschränkt geeignet. Die Klägerin hat g...