Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 016 O 166/17) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 2. gegen das am 22.11.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Beklagte zu 2. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.
II. Die Berufung der Beklagten zu 2. hat keinen Erfolg.
Die gegen sie erhobene Klage ist begründet.
1. Der Kläger kann von der Beklagten zu 2. (nachfolgend nur: Beklagte) gemäß den §§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 BGB Zahlung von 7.930 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs verlangen.
a) In der Berufungsinstanz ist nicht im Streit, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten am 22.08.2016 ein Kaufvertrag über das Fahrzeug vom Typ Toyota Avensis 2.0 zum Preis von 7.930 EUR zustande gekommen ist.
b) Mit Anwaltsschreiben vom 24.04.2017 hat der Kläger den Rücktritt von diesem Vertrag erklärt.
Der Geltendmachung des Rücktrittsrechts aus den §§ 437 Nr. 2, 434 BGB steht nicht entgegen, dass der Kläger wegen des von ihm als Sachmangel gerügten Fehlens eines Navigationssystems zunächst "kleinen" Schadensersatz in Form einer Zahlung in Höhe von 1.920 EUR verlangt hat.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Käufer zwar an eine wegen eines Mangels erklärte Minderung mit Zugang beim Verkäufer gebunden und daran gehindert, später wegen desselben Mangels stattdessen großen Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen (BGH, Urt. v. 09.05.2018, VIII ZR 26/17, NJW 2018, 2863). Dies folgt aus der gesetzlichen Ausgestaltung der Minderung als ein auf den Bestand des Kaufvertrags einwirkendes Gestaltungsrecht.
Das Schadensersatzverlangen, welches der Kläger vorliegend erhoben hat, ist im Gesetz aber nicht als Gestaltungsrecht konzipiert.
Auch sonst bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dem Kläger die Möglichkeit des Wechsels vom kleinen Schadensersatz statt der Leistung zum Rücktritt zuzugestehen (vgl. zum Wechsel vom kleinen zum großen Schadensersatz statt der Leistung Kleine/Scholl NJW 2006, 3462, 3465f.; MüKo-Ernst, 8. Aufl. 2019 § 281 BGB Rn. 166). Dies gilt schon deshalb, weil sich der Kläger in seinem Anspruchsschreiben vom 05.10.2016 ausdrücklich vorbehalten hatte, im Fall der Nichtzahlung des Schadensersatzbetrags vom Vertrag zurückzutreten. In einer solchen Konstellation kann der Verkäufer gegenüber dem späteren Rücktrittsverlangen nicht mit Erfolg geltend machen, er habe sich darauf eingerichtet, dass der Käufer trotz des reklamierten Mangels am Vertrag festhalten will.
c) Das verkaufte Fahrzeug wies im maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs, d.h. bei Übergabe, Sachmängel iSd § 434 BGB auf.
aa) Die Parteien streiten nicht darum, dass der im Dezember 2016 zutage getretene Motor-/Turboladerschaden auf einem Fahrzeugdefekt beruhte, der bei Übergabe bereits angelegt war und deshalb als Sachmangel iSd § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB einzuordnen ist.
bb) Das Fahrzeug entsprach zudem deshalb nicht der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit, weil es - unstreitig - nicht über ein Navigationssystem verfügte. Darin lag ein Sachmangel iSd § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, weil die Parteien vertraglich vereinbart hatten, dass das Fahrzeug mit einem solchen System ausgestattet sein sollte.
Zwar weist die verbindliche Bestellung vom 22.08.2016 nicht auf das Vorhandensein eines Navigationsgeräts hin; jedoch können auch Beschaffenheitsangaben in einer Internetanzeige des Verkäufers zur Grundlage einer Beschaffenheitsvereinbarung werden.
Werden die Vertragsverhandlungen auf der Grundlage eines solchen Inserats aufgenommen, werden die Angaben zur Fahrzeugbeschreibung Gegenstand einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung, wenn sie nicht anschließend klar und eindeutig widerrufen werden (st. Rspr. d. Senats, s. nur Urt. v. 21.07.2016, 28 U 2/16, NJW-RR 2017, 49, so auch OLG Köln, Beschl. v. 18.12.2013, 11 U 96/13, BeckRS 2014, 00523, Reinking/Eggert, Autokauf, 13. Aufl. Rn. 3276a ff. m.w.N.).
Für den Widerruf genügt nicht, wenn die verbindliche Bestellung das fragliche Ausstattungsmerkmal nicht mehr erwähnt (Senat a.a.O. Tz. 52). Es muss eine unmissverständliche Klarstellung "in gleicher Stärke" erfolgen.
In der auf der Internetplattform autoscout.de geschalteten Verkaufsanzeige der Beklagten, aufgrund derer die Verkaufsverhandlungen der Parteien aufgenommen worden waren, war als Teil der Ausstattung des beworbenen Fahrzeugs ein Navigationssystem angegeben. Dass sich diese Annonce auf das am 22.08.2016 vom Kläger erworbene Fahrzeug bezog, ist zwischen den Parteien nicht mehr im Streit.
Die Beklagte hat geltend gemacht, im Rahmen der Verkaufsverhandlungen sei darauf verwiesen worden, dass zwar an dem im Fahrzeug eingebauten Radio "Nav" stehe, dies aber nur bedeute, dass alles für d...