Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 22.01.1998; Aktenzeichen 2 O 379/96) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers wird das am 22. Januar 1998 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, die Zwangsvollstreckung in den im Grundbuch von G1 Stadt Blatt 2133 verzeichneten Grundbesitz, G1, Flur X, Flurstücke X und 441, wegen einer Forderung von 35.209,44 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.04.1999 zu dulden.
Die weitergehende Anschlußberufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Zahlung des vorgenannten Betrages nebst Zinsen abwenden.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 65 % und der Beklagte 35 %.
Die Kosten der Berufung bis zu der Antragstellung im Termin vom 20.04.1999 werden gegeneinander aufgehoben. Die weiteren Kosten dieser Instanz trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert den Kläger mit weniger als 60.000,00 DM.
Gründe
(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Die Berufung des Beklagten hat nach der teilweisen Rücknahme Erfolg. Die Anschlußberufung des Klägers, der seine Berufung zurückgenommen hat, ist zum Teil erfolgreich.
Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 2329 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den übertragenen Grundbesitz in dem ausgeurteilten Umfang.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers errechnet sich wie folgt:
1/2 Hauswert: 155.301,32 DM
+ Nachlaß: 43.504,44 DM
+ Schenkungen an den Kläger: 41.378,00 DM
insgesamt 240.183,76 DM
a. 120.091,88 DM
Auf diesen Betrag muß sich der Kläger das anrechnen lassen, was er tatsächlich erhalten hat. Das sind 84.882,44 DM (Nachlaß u. Schenkungen). Es verbleibt eine Hauptforderung von 35.209,44 DM. Entgegen der Auffassung des Klägers ist bei der Berechnung seines Anspruchs nicht der volle Wert des auf den Beklagten übertragenen Grundbesitzes anzusetzen. § 2310 Satz 2 BGB legt fest, daß derjenige, der einen Erbverzicht erklärt hat, bei der gesetzlichen Erbfolge nicht mitgezählt wird. Der Gesetzgeber hat diese Regelung geschaffen, da der Nachlaß durch die regelmäßig für den Verzicht zu zahlende Abfindung verringert wird (MünchKom zum BGB, 3. Aufl., Rnr. 14 zu § 2325 (Bearbeiter: Frank); Palandt-Edenhofer, BGB, 57. Aufl., Rdn. 2 zu § 2310). Dies hat in dem vorliegenden Rechtsstreit zur Folge, daß sich die Pflichtteilsquote des Klägers von 1/4 auf 1/2 erhöht, so daß seinen berechtigten Interessen hierdurch bereits Rechnung getragen wird. Der Kläger erhält durch die Erhöhung der Quote und bei dem Ansatz der Hälfte des Wertes des Grundbesitzes genau das, was er als Ergänzung des Pflichtteils ohne den Erbverzicht erhalten hätte (= 1/4 Wert des Hausgrundstücks). Der Pflichtteilsergänzungsanspruch soll dem Begünstigten eine Mindestbeteiligung am Vermögen auch im Hinblick auf lebzeitige Zuwendung des Erblassers sichern (Palandt-Edenhofer, a.a.O., Rdn. 1 zu § 2325). Es sind keine nachvollziehbaren Gründe ersichtlich, dieser Mindestbeteiligung im Falle eines Erbverzichts jedenfalls bei der hier in Rede stehenden Fallkonstellation (2 Abkömmlinge) zu verdoppeln. Die von dem Gesetzgeber in § 2310 Satz 2 BGB vorgesehene Anhebung der Quote schließt daher folgerichtig einen Ergänzungsanspruch insoweit aus, als dadurch die Verringerung des Nachlaßwertes durch eine Abfindung – hier die Übertragung des Hausgrundstücks – bereits ausreichend berücksichtigt worden ist (MünchKom, a.a.O.; Palandt-Edenhofer, a.a.O., Rdn. 14 zu § 2325). Diese gesetzgeberische Wertung führt in einem Fall wie dem hier zu entscheidenden dazu, daß lediglich die Hälfte des Grundstückswertes als ausgleichspflichtige Schenkung anzusehen ist. Es spricht im übrigen vieles dasfür, daß die Parteien des Grundstücksübertragungsvertrages auch subjektiv im Hinblick auf die weitere Hälfte nicht von einer unentgeltlichen Zuwendung ausgegangen sind (vgl. zum Streitstand: Lange-Kuchinke, Erbrecht, 4. Aufl., § 37 IX f. und MünchKom, a.a.O.).
Soweit der Kläger im übrigen geltend macht, den ihm von dem Vater schenkweise zur Verfügung gestellten Betrag von 41.378,00 DM teilweise zurückgezahlt zu haben, hat er dies nicht nachgewiesen.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 04.09.1997 betrifft nicht den hier in Rede stehenden Anspruch. Gepfändet wird ein Anspruch gegen den Beklagten als Erben auf Zahlung der Pflichtteilsergänzung. Der Beklagte ist nicht Erbe und schuldet als Dritter nur die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 2329 Abs. 1 BGB, so daß der Kläger weiter Inhaber der in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Forderung ist.
Den Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit (21.04.1999) hat der Beklagte anerkannt. Für die Zeit davor scheitert ein Zinsanspruch an einer verzugsbegründenden Mahnung. Der Beklagte ist aufgefordert worden, einen bestimmten Geldbetrag zu entrichten. § 2329 Abs. 1 BGB begründet aber keine Zahlungs- sondern nur eine Herausgabepflicht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Ab...