Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 269/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 08.07.2019 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum -I-3 O 269/18- unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
1. Die Beklage wird verurteilt, an die Klägerin 22.133,49 EUR nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2018 zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke W vom Typ U mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) 00000000000000000 nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft.
2. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit i.H.v. 2.695,29 EUR erledigt hat.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1. genannten Zug-um-Zug-Leistung in Annahmeverzug befindet.
4. Es wird festgestellt, dass der unter Ziffer 1. bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die durch die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.358,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2018 zu zahlen.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Mit Vertrag vom 03.08.2011 und Rechnung vom 20.03.2012 erwarb die Klägerin von dem Autohaus V GmbH & Co.KG in N einen Neuwagen der Marke W Typ U zu einem Kaufpreis von 35.059,99 EUR (Anlage K1 zur Klageschrift (Sonderband)).
Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs und insbesondere des darin verbauten Dieselmotors der Abgasnorm Euro 5 mit der herstellerinternen Typenbezeichnung F 1. Dieser ist von der Beklagten mit einer Software ausgestattet worden, die den Stickoxidausstoß im Prüfstandbetrieb, sogenannter "Modus 1", reduziert. Nur aufgrund dieser Software, die erkennt, dass das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird, hält der Motor während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte ein. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug anderweitig betrieben, nämlich im sogenannten "Modus 0" mit einer geringeren Abgasrückführungsrate. Dies hat zur Folge, dass der Stickoxidausstoß höher ist.
Nach Bekanntwerden der Softwareproblematik verpflichtete das Kraftfahrt-Bundes-amt (KBA) mit unangefochtenem Bescheid vom 15.10.2015 die Beklagte zur Entfernung der nach Einschätzung der Behörde unzulässigen Abschalteinrichtung. Am 01.06.2016 gab das KBA ein Software-Update frei für Fahrzeuge dieses Typs frei und bestätigte, dass die von der Beklagten dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen (Anlage K26 zur Klageschrift, Sonderband).
Die Klägerin ließ am 09.11.2016 das Softwareupdate auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufspielen (Bl. 104, 125 d.A.).
Zum Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 17.06.2019 wies der PKW eine Laufleistung von 98.563 km auf.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.01.2018 (Anlage K29 zur Klageschrift, Sonderband) forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung binnen 1 Monats zur Kaufpreisrückzahlung (Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs) auf.
Die Klägerin hat gemeint, sie habe wegen der Manipulation am PKW einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gegenüber der Beklagten aus vorvertraglicher Haftung und unerlaubter Handlung. Der PKW habe wegen der Abschalteinrichtung nicht die Voraussetzungen zur Erteilung einer Typgenehmigung erfüllt. Die Betriebszulassung könne jederzeit widerrufen werden. Das Verhalten der Beklagten sei als sittenwidrig zu bewerten. Ihr Schaden liege in dem Abschluss des Kaufvertrages. Die Klägerin hat behauptet, dass sie das Fahrzeug in Kenntnis der Manipulation nicht erworben hätte. Die Vorstandsmitglieder der Beklagten hätten von der Abschalteinrichtung Kenntnis gehabt. Das Software-Update sei zur Nachbesserung nicht geeignet, sondern führe zu Folgemängeln; im Übrigen verbleibe ihr ein manipulationsbedingter Wertverlust am betroffenen Fahrzeug.
Mit ihrer -der Beklagten am 22.11.2018 zugestellten- Klage hat sie zuletzt die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Delikts- und Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie -ausgehend von einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km- Zahlung von Nutzungsersatz, hilfsweise die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten, die Feststellung des Annahmeverzugs, die Feststellung, dass die ...