Leitsatz (amtlich)
1. Bei Unfällen auf einer Hallenrodelbahn sind grundsätzlich die von der Rechtsprechung für Abfahrtspisten im Freien entwickelten Grundsätze anwendbar.
2. Ein willkürlich angelegter Sprunghügel in einer Hallenrodelbahn stellt eine a-typische Gefahr für den Rodelnden dar, vor der der Betreiber der Anlage zu Beginn der Abfahrt zu warnen hat.
3. Der Rodelnde ist gehalten - erst recht auf einer unbekannten Piste - so angepasst zu fahren, dass er notfalls vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis abbremsen und ggf. anhalten kann, andernfalls trifft ihn bei einem Unfall ein Mitverschulden.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 12.04.2006; Aktenzeichen 11 O 185/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.4.2006 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Essen unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz O i.H.v. 1.788,07 EUR nebst Zinsen O i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.1.2004 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld O i.H.v. 7.000 EUR nebst Zinsen O i.H.v. 5 Prozentpunkten;3.0";3.0"; über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.1.2004 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 31.1.2004 im Alpincenter C zu 1/3 bzw. unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers von 1/3 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.
4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung O i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
(gem. § 540 ZPO)
I. Am 31.1.2004 befuhr der Kläger in der Skihalle der Beklagten eine Rodelbahn, in deren Verlauf sich ein künstlich aufgeschütteter Hügel befand, der als Sprunghügel gedacht war. Der Kläger behauptet, er sei auf der vereisten Rodelpiste immer schneller geworden und habe den Sprunghügel als Bremshügel angesehen, ähnlich der -unstreitig vorhandenen- Bremshügel aus lockerem Schnee im Bereich einer gesonderten Kinderrodelpiste. Tatsächlich aber hob der Kläger nach dem Überfahren des Hügels mit dem Schlitten ab und brach sich beim Aufsetzen den zweiten Lendenwirbelkörper. In der Folge wurde u.a. ein überbrückender Fixateur eingebaut, der vom ersten bis zum dritten Lendenwirbelkörper reicht. Der Kläger behauptet, dass daraus auch heute noch Bewegungseinschränkungen und Schmerzen resultieren würden.
Das LG hat die auf materiellen Schadensersatz (3.007,90 EUR), Schmerzensgeld (vorgestellt mindestens 10.000 EUR) und Feststellung der künftigen Ersatzpflicht gerichtete Klage abgewiesen. Insoweit wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er macht insbesondere geltend, dass das LG bei der Prüfung einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten die Besonderheiten einer innerhalb einer Halle gelegenen Rodelpiste nicht berücksichtigt habe.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat den Kläger und den Vertreter des Beklagten, B, angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk vom 28.11.2006 Bezug genommen. Sodann hat der Senat Beweis zu den unfallbedingten Verletzungen, Verletzungs- und Dauerfolgen erhoben durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. L. Insoweit wird auf das Sachverständigengutachten vom 2.5.2007 (Bl. 217 d.A.) Bezug genommen. Im Senatstermin am 27.11.2007 haben die Parteien unter Aufrechterhaltung ihrer widerstreitenden Ansichten zum Anspruchsgrund die Höhe des dem Kläger entstandenen materiellen Schadens mit 2.682,10 EUR unstreitig gestellt.
II. Die Berufung hat im tenorierten Umfang Erfolg.
1. Die Beklagte haftet dem Kläger gem. § 280 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 1 BGB, jeweils i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB auf materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld:
Die einem Anspruch der vorliegenden Art zugrunde liegende Rechtslage ist vom LG grundsätzlich zutreffend dargestellt worden; insoweit wird auf die Urteilsgründe Bezug genommen.
Angewandt auf den vorliegenden Fall führen die in den vom LG zutreffend zitierten Entscheidungen (BGH NJW 71, S. 1093; BGH VersR 1985, S. 64; OLG München VersR 1991, S. 1389; OLG Köln MDR 1994, 455; OLG Hamm, MDR 2000, 161; OLG Hamm NJW-RR 2000, 102) zum Ausdruck kommenden Grundsätze jedoch zu einer Abänderung des landgerichtlichen Urteils. Allen vorgenannten Entscheidungen gemein ist eine Trennung zwischen solchen Gefahren, die gleichsam natürlichen Ursprungs sind bzw. durch die Benutzung einer Piste entstehen (natürliche Geländeunebenheiten, ...