Leitsatz (amtlich)
Beschlüsse und Wahlen der Mitgliederversammlung eines Vereins können bereits deswegen unwirksam sein, weil die Mitgliederversammlung unter Missachtung einer zwingenden Vorschrift der Vereinssatzung einberufen worden ist.
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 03.01.2013; Aktenzeichen 12 O 259/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 3.1.2013 verkündete Urteil des LG Münster abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die in der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 3.6.2012 in Köln durchgeführten Wahlen von Frau I zur Vorstandsvorsitzenden in Wahlgang 1, von Frau T zur stellvertretenen Vorstandsvorsitzenden in Wahlgang 2, von Herrn F zum Schatzmeister in Wahlgang 3, von Frau C2 und von Herrn C zu Beisitzer/innen in Wahlgang 4 und von Herrn U zum Vorsitzenden der Schiedskommission in Wahlgang 5 sowie die gefassten Beschlüsse über die Änderungen der §§ 1, 2, 3, 4, 6 und 20 der Satzung unwirksam sind.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Beschlüssen und Wahlen, die auf der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 3.6.2012 gefasst bzw. durchgeführt wurden.
Der Beklagte ist ein bundesweit tätiger eingetragener Verein mit ca. 11.000 Mitgliedern. Der Vereinszweck ist ausweislich der Satzung auf die Förderung des Verbraucherschutzes, des Umweltschutzes, der Landschaftspflege, der Kunst und der Kultur gerichtet. Der Kläger ist langjähriges Mitglied des Beklagten.
In § 9 der Satzung des Beklagten heißt es:
"§ 9 Einberufung der Mitgliederversammlung
1. Ordentliche Mitgliederversammlungen finden jährlich - möglichst vor dem 30.6. des jeweiligen Jahres statt. Sie werden vom/von der Vorstandsvorsitzenden oder von zwei Mitgliedern des Vorstandes unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen durch Veröffentlichung im D Magazin unter Angabe der Tagesordnung und des Versammlungsortes einberufen. Die Einladung gilt dem Mitglied mit der Versendung des Magazins als zugegangen, wenn dieses an die letzte, vom Mitglied dem Verein bekannt gegebene Adresse gesandt wurde.
2. Mit der Ladung zur Mitgliederversammlung übersendet der Vorstand den Mitgliedern den Finanzbericht über den vergangenen Berichtszeitraum und den Haushaltsplan für den Zeitraum bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung per E-Mail an die Convivien und durch Bereitstellung von Download im Internet auf der Homepage www... de.
3. Jedes Mitglied kann bis spätestens zwei Wochen vor der Mitgliederversammlung schriftlich Ergänzungsanträge stellen. Über die endgültige Tagesordnung beschließt die Mitgliederversammlung."
Wegen des sonstigen Inhalts der Satzung wird auf das zur Akte gereichte Satzungsexemplar Bezug genommen (Bl. 11 ff. d.A.).
Durch einen E-Mail-Newsletter vom 10.4.2012 wurde den Mitgliedern des Beklagten mitgeteilt, dass die ordentliche Mitgliederversammlung des Jahres 2012 am Sonntag, den...2012 um 11.30 Uhr in Köln stattfindet. An den Tagen zuvor, am... und...2012, sollten in Köln die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen des Beklagten stattfinden. Die Einladung zur Mitgliederversammlung wurde Anfang Mai 2012 mittels der Infopost der Deutschen Post an die Mitglieder übersandt, wobei der Versammlungsbeginn auf 10.00 Uhr vorverlegt wurde. Am 6.5.2012 wurden der Finanzbericht und der Haushaltsplan auf der Webseite des Beklagten zum Download bereit gestellt.
Im Rahmen der Mitgliederversammlung vom 3.6.2012, die plangemäß im Anschluss an die Jubiläumsfeierlichkeiten stattfand, wurden diverse Wahlen abgehalten und Beschlüsse - auch satzungsändernde - gefasst. Wegen der Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Versammlungsprotokoll Bezug genommen (Bl. 145 ff. d.A.).
Der Kläger hat vorgetragen: Die streitgegenständlichen Wahlen und Beschlüsse seien unwirksam. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Einladung zur Mitgliederversammlung in satzungswidriger Weise erfolgt sei, weil sie entgegen § 9 Ziff. 1 der Satzung nicht im D Magazin veröffentlicht worden sei. Hinzu komme, dass auf den Umschlägen der Einladungsschreiben die "E GmbH" als Absender hervorgetreten sei, ohne dass sich auf den Umschlägen ein Hinweis auf den Beklagten befunden habe. Daher hätten viele Mitglieder des Beklagten die Postsendung als vermeintliche Werbesendung unbeachtet gelassen. Außerdem seien der Einladung weder der Finanzbericht noch der Haushaltsplan beigefügt gewesen. Zudem sei die Ladungsfrist nicht gewahrt worden, weil der Kläger und andere Mitglieder das Einladungsschreiben erst am 7.5.2012 erhalten hätten. Die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Wahlen und Beschlüsse ergebe sich ferner daraus, dass die Versammlung zur Unzeit abgehalten worden sei. Durch den Umstand, dass die Mitgliederversammlung an einem Sonntag um 10.00 Uhr in einer dezentral gelegenen Stadt wie Köln stattgefunden habe, seien zahlreiche Mitglieder aus entfernt gelegenen Gebieten daran gehindert worden, an der Versammlung teilzunehmen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass ...