Leitsatz (amtlich)
Ein Pflichtteilsverzicht der Ehefrau in einem Ehe- und Erbvertrag kann durch Eintritt einer wirksamen auflösenden Bedingung in einem späteren Vertrag unwirksam sein.
Normenkette
BGB § 158 Abs. 2, § 1931 Abs. 1, 4, § 2303 Abs. 1, 2 S. 1, § 2346
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 10 O 145/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.02.2018 verkündete Grund- und Teilurteil des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunft und Wertermittlung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- EUR und soweit die Beklagte zur Zahlung verurteilt wurde, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin verfolgt Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem am 00.08.1954 geborenen und am 00.10.2015 verstorbenen Unternehmer X. Sie war die zweite Ehefrau des Erblassers. Die Beklagte stammt aus dessen erster Ehe. Sie ist das einzige Kind des Erblassers und dessen testamentarische Alleinerbin.
Am 25.10.1997, kurz vor ihrer Heirat, schlossen der Erblasser und die Klägerin unter persönlicher Anwesenheit vor dem Notar M in J einen "Gütertrennungsvertrag" (UR-Nr. 000/1997), mit dem sie für ihre Ehe den Güterstand der Gütertrennung vereinbarten (§ 1), wechselseitig auf alle Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche verzichteten (§ 2), den Versorgungsausgleich im Falle der Scheidung ausschlossen (§ 3) und für den Fall der Scheidung den gegenseitigen und vollständigen Verzicht auf die Gewährung nachehelichen Unterhalts erklärten (§ 4). In § 4 Abs. 2 des Vertrages heißt es hierzu:
"Wir erklären, dass wir in gesicherten Einkommens- und Vermögensverhältnissen leben, die geeignet sind, den eigenen Unterhaltsanspruch sicherzustellen und auch eine ausreichende Altersvorsorge zu gewährleisten".
In § 5 des Vertrages findet sich eine salvatorische Klausel, in der es heißt:
"Sollte eine der vorstehenden Vereinbarungen unwirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Vereinbarungen nicht berührt. Die unwirksame Regelung ist dann aber dem gesamten Sinn des Vertrages anzupassen".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie der Vertragsurkunde, Bl. 22 f. der Gerichtsakte, Bezug genommen.
Tatsächlich war der Erblasser zum Zeitpunkt der Eheschließung am 13.11.1997 Inhaber eines Unternehmens und hatte erhebliches Grundvermögen. Das Unternehmen veräußerte er im Jahr 2003 für 120 Mio. EUR. Die Beklagte war vor der Eheschließung als Partner- und Immobilienvermittlerin tätig und hatte kein nennenswertes eigenes Vermögen. Während der Ehe ging sie keiner beruflichen Erwerbstätigkeit nach, verwaltete aber die Immobilien des Erblassers.
Nachdem Zweifel an der Wirksamkeit des mit der Klägerin geschlossenen "Gütertrennungsvertrages" aufgekommen waren, ließ der Erblasser dessen Gültigkeit in den Jahren 2005 und 2006 überprüfen. Die beauftragten Rechtsanwälte bescheinigten dem Erblasser Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrages wegen möglicher Sittenwidrigkeit der Regelungen zum Unterhaltsverzicht und zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs und empfahlen ihm, eine Heilung durch Vermögenszuwendungen an die Beklagte zu bewirken. Im Mai 2005 unterzeichnete der Erblasser einen als Vorlage für ein eigenhändiges Testament gefertigten Entwurf, nach dessen Inhalt die Beklagte zur Alleinerbin bestimmt und der Klägerin die von den Eheleuten bewohnte Villa des Klägers in bester Wohnlage in N sowie lebenslange Zahlungen in Höhe von monatlich 30.000,- EUR als Vermächtnis zugewendet werden sollten. Eine formgerechte Umsetzung dieses Testaments erfolgte nicht. Im März 2007 übertrug der Erblasser der Klägerin als "ehebedingte Zuwendung" eine in der Nähe der ehelichen Villa gelegene Eigentumswohnung.
In der Folgezeit geriet die Ehe des Erblassers und der Klägerin in eine Krise. Der Erblasser unterhielt unstreitig eine außereheliche Beziehung. Mit eigenhändig geschriebener und unterschriebener Verfügung vom 14.05.2010 widerrief der Erblasser sämtliche von ihm bis dahin getroffenen letztwilligen Verfügungen mit der Anmerkung, ihm sei bewusst, dass damit die gesetzliche Erbfolge eintrete, was vorbehaltlich einer Neuregelung auch so gewollt sei. Mit notariellem Testament vom 26.08.2010 setzte der Erblasser die Beklagte als Alleinerbin ein und enterbte die Klägerin ausdrücklich. Im Spätsommer 2010 unterzog sich der Erblasser wegen Alkoholproblemen einer Entziehungskur, nach deren Beendigung er wieder zu der Beklagten in die Ehewohnung einzog, wo er bis zu seinem Tod mit der Beklagten gemeinsam lebte.
Am 05.10.2010 ließen der Erblasser und die Beklagte unter persönlicher Anwesenheit vor de...