Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschluss der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft über eine bedingte Kapitalerhöhung erfordert die Feststellung des Ausgabebetrages oder der Grundlagen, nach dem dieser Betrag errechnet wird, § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG. Die Angabe eines Mindestausgabebetrages genügt diesen Anforderungen nicht.
2. Fehlen in dem Beschluss ausreichende Feststellungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG, führt dies zur Nichtigkeit.
Normenkette
AktG § 193 Abs. 2 Nr. 3, § 221 Abs. 2, § 241 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 26.01.2007; Aktenzeichen 45 O 47/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.1.2007 verkündete Urteil des LG Essen unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der in der Hauptversammlung der beklagten Gesellschaft am 8.5.2006 unter Tagesordnungspunkt 8 gefasste Beschluss insgesamt nichtig ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines in der Hauptversammlung der Beklagten vom 8.5.2006 zu Punkt 8 der Tagesordnung gefassten Beschlusses betreffend eine Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandel- und/oder Optionsschuldverschreibungen (lit. a), die Schaffung eines bedingten Kapitals zu diesem Zweck (lit. b) sowie eine entsprechende Satzungsänderung (lit. c). Wegen des Wortlauts des Beschlusses wird auf die zur Akte gereichte Niederschrift, Anlage B1, Bl. 84 ff. der Gerichtsakten, Bezug genommen.
Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse zu TOP 8 lit. b) und lit. c) und hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit des gesamten Beschlusses zu TOP 8 begehrt. Äußerst hilfsweise hat sie beantragt, den zu TOP 8 lit. a) gefassten Beschluss insoweit für nichtig zu erklären, als der Vorstand ermächtigt wird, unter den dort genannten Bedingungen das Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandel- und Optionsschuldverschreibungen auszuschließen.
Die Klägerin hat gemeint, der Beschluss über die Schaffung des bedingten Kapitals und die entsprechende Satzungsänderung seien nichtig, da entgegen den gesetzlichen Anforderungen kein Ausgabebetrag und auch keine Grundlagen zur Errechnung des Ausgabebetrags festgesetzt worden seien. Die beschlossenen Grundlagen für die Ermittlung eines Mindestausgabebetrages genügten den gesetzlichen Anforderungen nicht. Der dem Vorstand gewährte Ermessensspielraum bei der Festlegung des Ausgabebetrages stelle sich als rechtswidrige Kompetenzverschiebung dar, die die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge habe. Nichtig sei der Beschluss außerdem, weil weder die Art noch die Zahl der auszugebenden Aktien bestimmt worden seien. Schließlich sei auch die Ermächtigung des Vorstands, das Bezugsrecht der Aktionäre unter vereinfachten Bedingungen auszuschließen, fehlerhaft.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Beschluss genüge den gesetzlichen Anforderungen. Mit der Festlegung der Grundlagen für die Ermittlung eines Mindestausgabebetrages sei der Schutz der Altaktionäre vor einer weiter gehenden Verwässerung ihrer Anteile gewährleistet. Ein schützenswertes Interesse an der Festsetzung eines Höchstausgabebetrages durch die Hauptversammlung bestehe nicht. Art und Zahl der auszugebenden Aktien ergäben sich unmittelbar aus der Satzung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Festlegung nur eines Mindestausgabebetrages entspreche zwar nicht dem Wortlaut des § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG. Hierdurch werde aber die Grenze der Beeinträchtigung der Vermögens- und Beteiligungsrechte der Altaktionäre festgelegt, womit dem Zweck der Vorschrift genüge getan sei. Das dem Vorstand eingeräumte Ermessen bei der Festlegung des endgültigen Ausgabebetrages sei angesichts der faktischen Orientierung an dem Börsenaktienpreis nicht erheblich und damit unschädlich. Unschädlich sei auch, dass in dem Beschluss der Hauptversammlung nicht konkret die Aktienstückzahl und die Aktienart genannt seien. Diese Parameter ließen sich eindeutig aus der Satzung der Gesellschaft ermitteln. Auch die Ermächtigung des Vorstands zum vereinfachten Ausschluss des Bezugsrechts sei nicht zu beanstanden. Der Beschluss sei durch die analog anzuwendende Vorschrift des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG gedeckt.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Anträge unter Vertiefung ihrer Rechtsausführungen weiterverfolgt.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der in de...