Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 15.07.1987; Aktenzeichen 2 O 321/86)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Juli 1987 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen, jedoch haben die Beklagten als Gesamtschuldner für den vom Landgericht dem Kläger zuerkannten weiteren Schmerzensgeldbetrag von 3.000,- DM zusätzlich 4 % Zinsen für die Zeit vom 8. Juli 1986 bis zum 12. November 1987 zu zahlen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger und seine Schwester ... die ihm ihre Ansprüche abgetreten hat, sind Alleinerben ihrer an den Folgen des Verkehrsunfalls vom 05.07.1986 verstorbenen Mutter, der damals 59jährigen Angestellten ..., die an diesem Tag gegen 12.55 Uhr in ... mit einem Fahrrad die 13 m breite ...-Straße in nördlicher Richtung befuhr. Als sie sich dem in Höhe des Hauses Nummer 196 vom dem Beklagten zu 1) teils auf der Fahrbahn, teils auf dem Bürgersteig geparkten, bei dem Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten PKW näherte, öffnete der Beklagte zu 1) die Fahrertür, worauf es zur Kollision mit dem Fahrrad kam und die Mutter des Klägers über den Lenker hinweg auf die Straße geschleudert wurde. Die Mutter des Klägers erlitt ein schweres gedecktes Schädelhirntrauma mit Hirnkontusion, eine subdurale und intracerebrale Blutung, wurde bewußtlos ins Krankenhaus eingeliefert, wo sie sich zwei Operationen unterziehen mußte und am 08.07.1986 gegen 16.45 Uhr verstarb, ohne ihr Bewußtsein wieder erlangt zu haben.

Mit seiner am 08.07.1986 zugestellten Klage, welcher der an diesem Tag zum Gebrechlichkeitspfleger der Mutter des Klägers bestellte erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte zu Protokoll der Geschäftsstelle am selben Tag zugestimmt hat, hat der Kläger Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes begehrt, worauf der Beklagte zu 2) nach Rechtshängigkeit der zunächst nur gegen den Beklagten zu 1) erhobenen Klage 2.000,- DM gezahlt hat.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes weiteres Schmerzensgeld, mindestens aber 10.000,- DM, zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben ein Mitverschulden der Verstorbenen geltend gemacht und gemeint, die Höhe des gezahlten Schmerzensgeldes sei angesichts der geringen Schmerzensdauer und der Bewußtlosigkeit der Verstorbenen angemessen, zumal das Schmerzensgeld nicht ihr, sondern den Erben zufließe.

Das Landgericht hat dem Kläger mit dem angefochtenen Urteil ein weiteres Schmerzensgeld von 3.000,- DM zugesprochen.

Mit seiner Berufung begehrt der Kläger weiterhin ein angemessenes Schmerzensgeld, wobei er nunmehr - unter Einschluß der zunächst gezahlten 2.000,- DM und der aufgrund des Urteils am 12.11.1987 gezahlten weiteren 3.000,- DM - insgesamt 10.000,- DM als Mindestbetrag angibt. Er meint, das Landgericht habe die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes zu niedrig bewertet.

Der Kläger beantragt,

abändernd die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn unter Einbeziehung des gezahlten Betrages von 2.000,- DM und des vom Landgericht ausgeurteilten Betrages insgesamt ein angemessenes Schmerzensgeld von 10.000,- DM nebst 4 % Zinsen auf 8.000,- DM seit dem 08.07.1986, abzüglich am 12.11.1987 gezahlter 3.000,- DM, zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die Höhe des vom Landgericht ausgeurteilten Schmerzensgeldes für angemessen; sie haben ihren Einwand des Mitverschuldens wiederholt und im Wege der Hilfsanschlußberufung geltend gemacht, diese jedoch im Termin nicht weiterverfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akten und der Beiakten 30 Ls 5 Js 365/86 der Staatsanwaltschaft Bochum, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB, 3 PflichtversG. in Verbindung mit §§ 1922, 398 BGB über die inszwischen insgesamt gezahlten 5.000,- DM hinaus keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes. Die unfallbedingten immateriellen Schäden seiner verstorbenen Mutter sind mit dem gezahlten Betrag hinlänglich abgegolten.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß dem Schmerzensgeld eine doppelte Funktion zukommt. Es soll dem Geschädigten in erster Linie einen angemessenen Ausgleich für seine nichtvermögensrechtlichen Schäden bieten, aber auch dem Gedanken Rechnung tragen, daß der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet (BGHZ 18, 149 ff.). Die Ausgleichsfunktion tritt - unter Umständen vollständig - zurück, wenn der Verletzte, wie im Streitfall, die Schmerzensgeldzahlung subjektiv überhaupt nicht als Ausgleich für erlittene Unbill wahrnehmen kann und ein solcher Ausgleich auch objektiv gar nicht möglich ist, weil sein persönliches Befinden und die ihm zuteil werdende sachgemäße Pflege einer echten Förderung eigentlich...

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