Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 22.10.1998; Aktenzeichen 15 O 322/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Oktober 1998 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten
1) der Firma B GmbH, I-Straße, N, vertreten durch die Geschäftsführer E und X,
2) der Firma Q GmbH & Co., C-Weg, P, vertreten durch die C mbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer X2 und
3) des Klägers 21.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.01.1998 unter Verzicht auf das
Tatbestand
(abgekürzt nach § 543 Abs. 1 ZPO)
Der Kläger hat bei der Beklagten eine Fahrzeugversicherung mit einer Selbstbeteiligung für einen Pkw vom Typ GMC Chevrolet „Pick-Up” abgeschlossen, als dessen Halter im Kraftfahrzeugbrief sein Sohn K eingetragen ist. Er nimmt die Beklagte wegen der Beschädigung dieses Fahrzeugs bei einem Verkehrsunfall vom 20. November 1997 in F auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch. Er hat mit der Klage zunächst Zahlung von 30.000,00 DM verlangt, seine Forderung aber im Verlaufe des ersten Rechtszuges auf 25.390,76 DM reduziert und seine Schadensberechnung auf das Gutachten des Sachverständigen L vom 5. Januar 1998 gestützt, der die Reparaturkosten unter Berücksichtigung der für Wertverbesserungen „neu für alt” vorzunehmenden Abzüge mit 26.040,76 DM brutto angegeben hat. Die Beklagte hat den Versicherungsschutz verweigert und sich wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers für leistungsfrei gehalten, weil dieser in der Schadenanzeige vom 22.11.1997 falsche Angaben zum Kaufpreis gemacht und statt des für das Fahrzeug tatsächlich gezahlten Kaufpreises von 33.750,00 DM einen Betrag von 54.000,00 DM angegeben habe. Sie hat außerdem unter Hinweis auf § 13 (5) AKB, 4/97 (Bl. 98 f. d. A.) die Reparatur des Fahrzeugs in einer Fachwerkstatt bestritten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Klägers, der seinen auf 25.390,76 DM reduzierten Klageantrag weiter verfolgt, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und hat im übrigen keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Beklagte ist gemäß §§ 1, 49 VVG, 12 Nr. 1 I b, 13 AKB verpflichtet, für die Beschädigung des versicherten Fahrzeugs „Pick-Up” bei dem Verkehrsunfall vom 20.11.1997 eine Entschädigungsleistung in Höhe von 20.350,00 DM zu zahlen.
1. Bei der für das Fahrzeug bestehenden Versicherung handelt es sich zwar um eine Fremdversicherung im Sinne der §§ 74 ff. VVG, da Eigentümer und Halter des beschädigten Fahrzeugs „Pick-Up” der Sohn des Klägers – K – ist, der auch im Kfz-Brief eingetragen ist. Es ist aber davon auszugehen, daß dieser die Zustimmung zur Zahlung der Versicherungssumme an den Kläger gemäß § 76 Ziffer 3 VVG erteilt hat.
2. Die Beklagte kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles gemäß den §§ 6 Abs. 3 VVG, 7 Abs. 4 AKB berufen. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Kläger die Fragen in der Schadenanzeige vom 22.11.1997 nach dem Kaufpreis bei Erwerb falsch beantwortet hat. Auf etwaige Falschangaben des Klägers kann die Beklagte ihre Leistungsfreiheit nämlich nicht stützen, denn sie hat den Kläger vor der Aufnahme seiner Angaben in die Schadenanzeige nicht entsprechend belehrt. Wenn der Versicherer – wie hier – keinen Nachteil erleidet, können falsche und unrichtige Angaben des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalles nur dann einen Anspruchsverlust nach sich ziehen, wenn sie vorsätzlich erfolgen. Das muß in der Belehrung klar und unmißverständlich zum Ausdruck kommen (vgl. u. a. BGH VersR 1998, 447). An einer ausreichenden Belehrung fehlt es hier. Zwar enthält die Schadenanzeige auf Bl. 10 d. A., die vom Kläger unterzeichnet und von dem Zeugen I ausgefüllt worden ist, eine inhaltlich ausreichende Belehrung. Der Kläger hat sich jedoch unwiderlegt darauf berufen, er sei Analphabet, könne also weder lesen noch – abgesehen von seinem Namen – schreiben. Der Zeuge I hätte ihn deshalb vor Aufnahme seiner Angaben in das Schadenanzeigeformular über die Rechtsfolgen falscher Angaben belehren bzw. ihm die auf dem Formular vorgedruckte Belehrung vorlesen müssen, zumal ihm bekannt war, daß der Kläger nicht lesen und nicht schreiben kann. Der Zeuge hat eingeräumt, er habe dem Kläger die vorgedruckte Belehrung nicht vorgelesen. Auf Leistungsfreiheit wegen angeblich falscher Angaben des Klägers kann sich die Beklagte daher nicht berufen.
3. Es ist dem Kläger auch nicht verwehrt, sich auf die fehlende Belehrung über die Rechtsfolgen vorsätzlich falscher Angaben in der Schadenanzeige zu berufen, denn es kann nach der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht als erwiesen angesehen werden, daß der Kläger die Fragen in der Schadenanzeige zum Kaufpreis bewußt falsch gemacht und arglistig gehandelt hat, um einen Entschädigungsanspruch bei der Beklagten leichter durchzusetzen oder gar eine höhere En...