Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmissbräuchliche Abmahntätigkeit - Generierung von Ansprüchen

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 4, § 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 23.12.2008; Aktenzeichen 12 O 248/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.12.2008 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt von der Beklagten nach der Durchführung eines Verfügungsverfahrens und dem Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 13.8.2008 in dem Verfahren 12 O 198/08 beim LG Bochum Erstattung von Kosten für das Verfügungsverfahren und für das alsdann folgende Abschlussschreiben vom 16.9.2008 gem. Kostenrechnung Anlage 6 zur Klageschrift i.H.v. 1.845,20 EUR. Mit Schreiben vom 7.10.2008 erkannte die Beklagte die ergangene einstweilige Verfügung in der Sache als verbindliche und endgültige Regelung unter Verzicht auf die Rechte aus §§ 926, 927 ZPO ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Verwahrung gegen die Übernahme und Erstattung weiterer Kosten an, und zwar auch unter Hinweis auf den "Verdacht der rechtsmissbräuchlichen (Vielfach?-) Abmahnung".

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der geltend gemachten 1.845,20 EUR verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne von ihr die beanspruchten Kosten gem. § 12 I 2 UWG in direkter und bezogen auf das Abschlussschreiben in entsprechender Anwendung verlangen. Dem könne die Beklagte nunmehr nicht mehr entgegenhalten, das Verhalten der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich oder es lägen überhaupt keine Wettbewerbsverstöße vor. Mit derartigem Vorbringen sei sie ausgeschlossen, nachdem sie die einstweilige Verfügung einschließlich der dortigen Kostenentscheidung als endgültige und abschließende Regelung anerkannt habe. Unabhängig davon gehe das Gericht weiterhin davon aus, dass alle gerügten Verhaltensweisen einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG begründeten. Auch die Höhe der geltend gemachten Kosten sei nicht zu beanstanden.

Die Beklagte greift das Urteil mit ihrer Berufung an, mit der sie abändernd die Abweisung der Klage begehrt. Sie meint, sie sei mit ihrem Vorbringen zur Rechtsmissbräuchlichkeit gem. § 8 IV UWG keinesfalls aufgrund der abgegebenen Abschlusserklärung vom 7.10.2008 ausgeschlossen. Das Anerkenntnis sei ausdrücklich auf die Sache beschränkt gewesen. Insofern könne sie sich zwar nicht mehr mit Erfolg gegen die im einstweiligen Verfügungsverfahren festgestellten Wettbewerbsverstöße wehren. Einwendungen hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit in Bezug auf die Kostenerstattungspflicht seien im Schreiben vom 7.10.2008 allerdings gerade offen gehalten worden, so dass das LG zu Unrecht über ihren hierzu erfolgten Vortrag in der Klageerwiderung hinweggegangen sei. Die Klägerin könne selbst bei neutralster und zurückhaltendster Betrachtung nur als Massenabmahnerin bezeichnet werden. Aus der vorgelegten Geschädigtenliste vom Bundesverband P-Handel e.V. zum Stand 28.1.2009 ergebe sich, dass neben ihr 83 andere Anbieter durch die Klägerin und ihren Bevollmächtigten abgemahnt worden seien. Hinzu träten weitere Umstände, die ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen nahe legten: die rüde Zurückweisung ihres Fristverlängerungsgesuchs, die Abmahnung nur von Bagatellverstößen bei F, die Abmahnung einzelner Anbieter selbst für Fehler von eBay, nämlich wegen der fehlerhaften Anzeige "Der Verkäufer nimmt diesen Artikel nicht zurück", die mangelnde Vorlage einer Vollmacht, die Geltendmachung einer Schadensersatzpauschale von 100 EUR zusätzlich zu den geltend gemachten Anwaltskosten und das eingegangene Kostenrisiko bei der Vielzahl von Abmahnungen, das in keinem Verhältnis zur Wirtschaftskraft der Klägerin mehr stehe. In der Gesamtschau könne ihr wettbewerbliches Begehren nur als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden. Bei der Vielzahl der Fälle und der weiteren aufgezeigten Umstände könnten die Klägerin und ihr Bevollmächtigter nur ein Gebühreninteresse, nicht ein Wettbewerbsinteresse verfolgt haben.

Die Klägerin wehrt sich demgegenüber gegen die Annahme eines Rechtsmissbrauchs. Sie verweist insoweit zunächst auf ihre Berufungsbegründung gegen das Urteil des LG Bochum in dem Verfahren 2 O 762/08 = OLG Hamm 3 U 189/08 hin, in dem es u.a. um ihre Bezeichnung als "Massenabmahnerin" ging. Alsdann behauptet die Klägerin unter Hinweis auf eine Auskunft der Creditreform vom 30.4.2009, dass sie im Jahr 2006 einen Jahresumsatz von 2.000.000 EUR erwirtschaftet habe, im Jahre 2007 von 1.800.000 EUR und im Jahre 2008 von 800.000 EUR. Die von der Gegenseite vorgelegte Liste sei zum Nachweis einer Missbräuchlichkeit völlig ungeeignet. Sie umfasse 86 Positionen. Bei 6 Positionen handele es sich gar nicht um Mitb...

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