Leitsatz (amtlich)
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung trägt der Verplichtete/Schuldner das Risiko eines Irrtums über die Rechtslage selbst. Er darf das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage nicht dem Gläubiger zuschieben und muss sich ein Verschulden seines Rechtsanwaltes zurechnen lassen, § 278 S. 1 BGB.
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 18.03.2015; Aktenzeichen 4 O 405/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.03.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bochum unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.155,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2013 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die B Versicherungen SE, B-Platz, ... E, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 413,64 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 1/4 der Kläger und zu 3/4 der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen der Verweigerung einer Zustimmung zur Veräußerung eines Erbbaurechts auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger war Erbbauberechtigter des im Wohnungserbbaugrundbuch von X, AG Bochum, Blatt X verzeichneten Wohnungseigentums, Wohnung im Erdgeschoss rechts mit Keller (Teilungsplannummer x, Haus H x8 in C). Der Beklagte ist Grundstückseigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Anwesens, eingetragen im Grundbuch von X Blatt X.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 19.05.2011 (UR-Nr.: .../20... Notar T aus C) veräußerten der Kläger und die Miterbbauberechtigte T1 das vorgenannte Erbbaurecht an B zu einem Preis von 70.000,-- Euro. Gem. § 4 des notariellen Vertrages sollte der Kaufpreis fällig und zahlbar sein bis zum 15.06.2011, jedoch erst in 14 Tagen, nachdem der Notar dem Käufer mitgeteilt hat, dass u.a. die Zustimmung des Eigentümers des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks zur Veräußerung gem. dem Inhalt dieses Vertrages ebenso in grundbuchtauglicher Form vorliegt wie die Erklärung des Eigentümers, dass er in diesem Verkaufsfall auf die Ausübung des Vorkaufrechtes verzichtet.
Mit Schreiben vom 24.05.2011 (Bl. 27 ff.) forderte der beurkundende Notar T den Beklagten auf, seine Zustimmung zu erteilen und auf das Vorkaufsrecht "in diesem Verkaufsfall" zu verzichten. Mit Schreiben vom 24.06.2011 (Bl. 30 ff. d.A.) meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten und erhob verschiedene Einwendungen gegen das Zustimmungsverlangen. Unter dem 15.09.2011 übersandte Notar T dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten den Entwurf einer Abänderung des Kaufvertrages vom 19.05.2011 mit der Bitte um Überprüfung, ob in dieser Form beurkundet werden könne (vgl. Bl. 33 ff. d.A.). Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten antwortete mit Schreiben vom 16.09.2011 und erhob weitere Einwendungen gegen die begehrte Zustimmung zum Verkauf des Wohnungserbbaurechts. In seinem Schreiben vom 29.09.2011 an die zwischenzeitlich vom Kläger beauftragten Rechtsanwälte T und T2 beharrte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten weiterhin auf seinen Einwendungen und vor allem auf die Aufnahme des gesamtschuldnerisch zu zahlenden Erbbauzinses in den Kaufvertrag (Bl. 56 d.A.).
Unter dem 25.10.2011 beantragten der Kläger sowie die Miterbbauberechtigte T1 beim AG Bochum die Ersetzung der Eigentümerzustimmung gem. § 7 Abs. 3 ErbbauRG. Mit Beschluss vom 23.04.2012 wies das AG Bochum (Az.: 71 II 3/11) den Antrag kostenpflichtig zurück. Dabei sah es die Einwendungen des Beklagten zumindest teilweise als berechtigt an (vgl. zu den weiteren Einzelheiten des Beschlusses Bl. 141 ff. d. A).). Die Erbbauberechtigten legten gegen diese Entscheidung des AG Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 24.07.2013 (Az.: 15 W 199/12) gewährte das Oberlandesgericht Hamm wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und ersetzte die Zustimmung des Beklagten - wie beantragt - gem. § 7 Abs. 3 ErbbauRG (vgl. zu den Einzelheiten des Beschlusses Anlage K 2 zur Klageschrift).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei aufgrund der verweigerten Zustimmung wegen positiver Vertragsverletzung des Erbbaurechtsvertrages schadensersatzpflichtig. Er hat behauptet, ihm sei aufgrund der weiteren Bedienung seiner für die Immobilie aufgenommenen Darlehen bei der x-Bank ein Zinsschaden entstanden, wobei er als Schadenszeitraum die Zeit vom 01.08.2011 (avisierte Kaufpreisfälligkeit) bis zum 15.10.2013 zugrunde gelegt hat. Darauf hat sich der Kläger erzielte Mieteinnahmen anrechnen lassen. Unter dem 03.12.2011 will er mit der Tochter B2 des Käufers einen Mietvertrag über die mit dem Erbbaurecht belastete Wohnung geschlossen haben (vgl. Anlage K 7 der Klageschrift). Danach soll eine Kaltmiete in Höhe von 300,-- Euro monatlich geschuldet worden sein, die jedoch bis zum 31.12.2012 auf den Kaufpreis für die Übertragung des Erbbaurechts angerechnet und erst ab dem ...