Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast bei Gehirnblutung

 

Normenkette

AUB 88 § 2 III Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 8 O 257/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.4.2001 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Beklagte war Unfallversicherer des am 22.2.2000 verstorbenen Ehemanns der Klägerin, Herrn … Im Versicherungsvertrag waren die AUB 88 vereinbart.

Am 21.2.2000 erlitt der Versicherungsnehmer einen unverschuldeten Verkehrsunfall. Sein Fahrzeug wurde nach Kollision mit dem Fahrzeug des Unfallgegners von der Straße abgedrängt, kam nach links von der Fahrbahn ab, fuhr über einen Straßengraben und kam auf einem Acker zum Stehen. Der Versicherungsnehmer stieg zwar noch aus seinem Fahrzeug aus, sackte dann jedoch unmittelbar danach in sich zusammen. Wenige Stunden später verstarb er im Krankenhaus.

Die Obduktion ergab, dass Todesursache die Ruptur eines Aneurysmas im Gehirn des Versicherungsnehmers war.

Mit der Klage nimmt die Klägerin – Erbin des Versicherungsnehmers und Bezugsberechtigte im Todesfall – die Beklagte auf Zahlung der vereinbarten Unfalltodversicherungssumme von 20.000 DM in Anspruch.

Die Beklagte verweigert Versicherungsschutz. Unter Bezugnahme auf den Obduktionsbericht, wonach das Platzen des Aneurysmas auf einer unfallbedingten Blutdrucksteigerung beruhe, bestreitet sie ein Unfallereignis i.S.d. § 1 III AUB 88. Zumindest sei der Versicherungsschutz nach § 2 III Abs. 2 und IV AUB 88 ausgeschlossen. Hilfsweise beruft sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung, weil die Klägerin das unstreitige Bestehen einer weiteren Unfallversicherung verschwiegen habe.

Durch das angefochtene Urteil hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, Versicherungsschutz sei nach § 2 IV AUB 88 ausgeschlossen.

II. Die hiergegen gerichtete zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte ist ihr nicht zur Zahlung der vereinbarten Unfalltodversicherungssumme verpflichtet.

Es kann offen bleiben, ob der vom LG angenommene Leistungsausschluss nach § 2 IV AUB 88 durchgreift oder die Beklagte wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung nach § 6 III VVG leistungsfrei geworden ist.

Zu Recht beruft die Beklagte sich jedenfalls auf den Leistungsausschluss nach § 2 III Abs. 2 AUB 88. Danach besteht kein Versicherungsschutz u.a. bei Gehirnblutungen. Dies ist nur dann anders, wenn ein unter den Versicherungsvertrag fallendes Unfallereignis i.S.d. § 1 III die überwiegende Ursache ist.

Nach dem Obduktionsergebnis steht fest und ist auch in diesem Rechtsstreit unstreitig, dass Todesursache ein zentrales Versagen als Folge einer Blutung unter der weichen Hirnhaut des VN war. Diese Blutung entstand, weil eine Gefäßwandaussackung (Aneurysma) im Bereich des Schlagaderzirkels platzte.

Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und dem Tod des VN wird vom Obduzenten auf Grund der zeitlichen Koinzidenz zwischen Unfallereignis und Zusammenbruch des VN mit Bewusstlosigkeit bejaht.

Da somit eine Gehirnblutung als Todesursache unstreitig ist, kommt es entscheidend darauf an, ob dafür ein Unfallereignis i.S.d. § 1 III die überwiegende Ursache war.

Dies lässt sich mit der von der Berufung gegebenen Begründung, ohne den Unfall wäre es zum damaligen Zeitpunkt aller Wahrscheinlichkeit nicht zur Gehirnblutung gekommen, nicht begründen. Damit wird lediglich eine Mitursächlichkeit des Unfalls bejaht, jedoch nicht ein überwiegender Mitwirkungsanteil.

Erforderlich ist vielmehr eine Gewichtung der beiden zusammenwirkenden Ursachen (Verkehrsunfall und Aneurysma). Der Senat sieht den überwiegenden Verursachungsanteil im Aneurysma. Ausweislich der in den beigezogenen Ermittlungsakten getroffenen Feststellungen war der vom VN erlittene Verkehrsunfall objektiv ein „Allerweltsunfall”, der keine nachweisbaren äußeren Verletzungen an seinem Kopf verursacht hat. Der vom Obduzenten als Ursache der Ruptur angenommenen Blutdrucksteigerung, die wahrscheinlich durch einen Schreck des VN über das Unfallgeschehen ausgelöst worden ist, kommt ggü. dem schweren gesundheitlichen Vorschaden ein weit geringerer Mitwirkungsgrad zu (vgl. OLG Stuttgart r+s 1999, 42 [43]). Dies gilt auch dann, wenn man mit der Berufung davon ausgeht, dass das Unfallgeschehen den VN subjektiv stark betroffen und deshalb seinen Blutdruck deutlich erhöht hat.

Soweit mit der Berufung die Vermutung geäußert worden ist, es könne auch ohne äußerlich sichtbare Verletzungszeichen am Kopf des VN zu einem Anstoß des Kopfes gegen die Windschutzscheibe oder ähnlichem gekommen sein, ist das nicht nachweisbar. Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, dem Beweisantritt der Klägerin auf Anhörung eines neurologischen Gutachtens nachzukommen. Der Obduktionsbericht ist insoweit eindeutig, als objektive Verletzungsanzeichen am Kopf des VN nicht feststellbar waren. Welche dem Obduzenten überlegene Erkenn...

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