Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 108 O 166/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.07.2015 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die am ........1970 geborene Klägerin macht Ansprüche im Zusammenhang mit der Implantation einer totalen Endoprothese des rechten Hüftgelenks am 17.08.2012 im Haus der Beklagten geltend.

Sie hat erstinstanzlich Behandlungsfehler behauptet und die Aufklärung zur Operation als unzureichend gerügt. Die Operation habe zu einer Schädigung des Nervus femoralis rechts mit schwerwiegenden Folgen (motorische und sensorische Ausfälle) geführt.

Die Klägerin hat ein Schmerzensgeld in angemessener Höhe (Vorstellung: mindestens 20.000 EUR) nebst Rechtshängigkeitszinsen sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz sämtlicher materieller und immaterieller Schäden begehrt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und zur Darstellung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass die Beklagte den Einwand der hypothetischen Einwilligung erhoben hat.

Das Landgericht Münster hat die Klägerin persönlich angehört, den Zeugen Dr. F2 zur Frage der Aufklärung vernommen und ein Gutachten des unfallchirurgisch-orthopädischen Sachverständigen Prof. Dr. F eingeholt. Sodann hat es die Beklagte verurteilt, 25.000 EUR Schmerzensgeld nebst Zinsen seit dem 22.02.2014 an die Klägerin zu zahlen. Ferner hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin - vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs auf Dritte - "sämtliche materiellen und sämtliche nicht vorhersehbare immateriellen Schäden aus der stationären Heilbehandlung vom 16.08. bis 30.08.2012 sowie aus der Operation vom 17.08.2012" zu ersetzen. Im Übrigen - d.h. wegen der Einschränkung des Feststellungsausspruchs gegenüber dem Feststellungsantrag hinsichtlich der immateriellen Schäden - hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Operation vom 17.08.2012 mangels ordnungsgemäßer Aufklärung der Klägerin rechtswidrig gewesen sei. Zwar habe die Beklagte bewiesen, dass Dr. F2 die Klägerin über das übliche Risiko einer Nervschädigung mit möglichen Lähmungsfolgen aufgeklärt habe. Es sei jedoch nicht feststellbar, dass die Klägerin auch auf die in ihrem Fall bestehende Erhöhung der Gefahr einer (weiteren) Schädigung des Nervus femoralis hingewiesen worden wäre. Der Einwand der hypothetischen Einwilligung greife nicht durch. Die Klägerin habe einen Entscheidungskonflikt plausibel dargelegt. Das Risiko einer Nervschädigung habe sich bei der Operation auch verwirklicht.

Das Landgericht hat weiter ausgeführt, dass ein (schadensursächlicher) Behandlungsfehler nicht festgestellt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Die Beklagte meint, dass das Landgericht die Aussage des Zeugen Dr. F2 falsch gewürdigt habe, und behauptet, dass der Zeuge sehr wohl auf risikoerhöhende Umstände hingewiesen habe. Es sei zu berücksichtigen, dass Deutsch nicht die Muttersprache des Zeugen sei. Zudem habe die Klägerin entgegen der Wertung des Landgerichts keinen Entscheidungskonflikt plausibel gemacht. Die Klägerin habe entsprechende Fragen im Kammertermin ausschließlich aus der Perspektive ex post beantwortet.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie behauptet, dass sie bei einer vollständigen Aufklärung "unzweifelhaft die Entscheidung zur Durchführung der Operation nie getroffen hätte". Der Eingriff sei ihr als "Routineeingriff" dargestellt worden. Das ausgeurteilte Schmerzensgeld von 25.000 EUR liege am unteren Ende des Vertretbaren.

Der Senat hat die Klägerin im Termin vom 02.11.2016 persönlich angehört, ferner hat der Sachverständige Prof. Dr. F sein Gutachten mündlich weiter erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Berichterstattervermerk vom 30.11.2016 Bezug genommen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufung ist auch begründet. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung. Der Klägerin stehen weder vertragliche noch deliktische Ansprüche auf Schmerzensgeld oder materiellen Schadensersatz gegen die Beklagte aus der streitgegenständlichen B...

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