Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung und Befristung auch beim Krankheitsunterhalt
Leitsatz (amtlich)
1. Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich ehebedingter Nachteile gem. § 1578b Abs. 1 S. 2, 3 BGB.
2. Auch beim Krankheitsunterhalt steht die gem. § 1578b Abs. 1 u. 2 BGB vorzunehmende Billigkeitsabwägung einer Herabsetzung und/oder Befristung nach einem angemessenen Übergangszeitraum nicht entgegen.
Normenkette
ZPO § 323; BGB §§ 1569, 1572, 1578b
Verfahrensgang
AG Warendorf (Urteil vom 26.03.2010; Aktenzeichen 9 F 891/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin (ursprüngliche Klägerin zu 2)) wird das am 26.3.2010 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Warendorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Widerklage des Beklagten wird das Urteil des OLG Hamm vom 7.12.2007 - 11 UF 92/07 - dahingehend abgeändert, dass der Beklagte ab dem 1.6.2009 verpflichtet ist, an die Klägerin nach-ehelichen Unterhalt in folgender monatlicher Höhe zu zahlen:
a) Juni 2009 bis Juli 2010 393 EUR
b) August 2010 bis Dezember 2013 527 EUR
c) Januar 2014 bis Dezember 2015 300 EUR
Für die Zeit ab 1.1.2016 wird kein nachehelicher Unterhalt mehr ge-schuldet.
Die weiter gehende Widerklage wird abgewiesen; die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz werden der Klägerin zu 1/5 und dem Beklagten zu 4/5 auferlegt; die Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin zu ¼ und der Beklagte zu ¾ zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Abänderung eines Urteils auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt für die Zeit ab Juni 2009.
Die am 10.5.1960 geborene Klägerin und der 1.5.1960 geborene Beklagte haben am 10.4.1981 die Ehe geschlossen, aus der 5 Kinder hervorgegangen sind, nämlich der am 16.11.1984 geborene N2, der am 28.11.1985 geborene N3, die am 14.10.1987 geborene Lisa, der am 26.10.1989 geborene N4 und die am 11.9.1996 geborene N5. N5 ist geistig behindert, leidet an einer deutlichen Verhaltensstörung sowie an Epilepsie und besucht eine Sonderschule. Sie lebt seit Januar 2008 in der Kinderheilstätte in O und besucht ihre Mutter alle 14 Tage über das Wochenende. N4 leidet unter einer psychischen Behinderung und hat nach Abschluss der Hauptschule sowie der Absolvierung eines Berufsvorbereitungsjahres im Jahre 2007 eine Lehre in einem Berufsbildungswerk aufgenommen, die noch nicht abgeschlossen ist. Die Parteien trennten sich im Jahr 1999, ihre Ehe wurde im Juli 2003 rechtskräftig geschieden.
Der Beklagte ist Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Konstruktionstechnik im Maschinenbau und machte sich im Jahr 1996 selbständig. Diese selbständige Tätigkeit beendete er mit Ablauf des Monats März 2007 und nahm ab dem 1.3.2007 eine abhängige Beschäftigung bei der Firma N GmbH auf, wo er im Umfang von 30 Wochenstunden beschäftigt wurde. Diese Arbeitsstelle wurde ihm jedoch zum 31.5.2009 gekündigt. Ab dem 1.6.2009 bezog er Arbeitslosengeld i.H.v. kalendertäglich 22,65 EUR. Von Anfang September 2009 bis Januar 2010 nahm er an einer Weiterbildungsmaßnahme im Bereich CAD - einem computerunterstütztem Zeichenprogramm - in E teil. Seit dem 1.8.2010 ist er in vollschichtiger Tätigkeit bei der Firma T2 GmbH Maschinenbau und Handhabungstechnik angestellt. Er ist seit dem 15.7.2005 mit Frau K, einer gelernten und auch vollschichtig in diesem Beruf tätigen Bankkauffrau, verheiratet.
Die Klägerin ist gelernte Friseurin, hat jedoch nach Abschluss ihrer Lehre nicht mehr in diesem Beruf gearbeitet, sondern als Verkäuferin bis zur Geburt des 1. Kindes. Sie erhielt im hier streitigen Unterhaltszeitraum öffentliche Leistungen und erzielte aus einer stundenweise Beschäftigung in einer Gaststätte einen Zuverdienst von monatlich rund 100 EUR. Ab dem 1.3.2011 nimmt die Klägerin an einer einjährigen Wiedereingliederungsmaßnahme teil und bezieht während dieser Zeit ein Übergangsgeld in monatlicher Höhe von 687,90 EUR.
Durch Vergleich vom 21.9.2004 verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung von Kindes - und Nachscheidungsunterhalt i.H.v. insgesamt 2300 EUR. Mit Urteil des OLG Hamm vom 7.12.2007 (11 UF 92/07) wurde der Beklagte abändernd zur Zahlung von monatlich 254 EUR an N5, 157 EUR an N4 und 527 EUR Nachscheidungsunterhalt verurteilt sowie die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt an seine Kinder Lisa und N3 aufgehoben. Dabei hat das OLG festgestellt, dass der Beklagte zur Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit zum Anfang April 2007 berechtigt war, er jedoch mit seiner tatsächlich ausgeübten abhängigen Beschäftigung bei einem Arbeitseinsatz von lediglich 30 Stunden in der Woche seine Erwerbsobliegenheit nicht erfüllt. Deshalb hat ihm das OLG teilfiktiv ein Erwerbseinkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zugerechnet, das es mit netto 2100 EUR angenommen hat. Hiervon hat es fiktive Fahrtkosten nicht gesondert in Abzug gebracht, da diese bei dem vorstehend bezeichneten fiktiven Ansatz bereits berücksichtigt seien. Weitere Abzüge hat es ebenfalls nicht mehr vo...