Leitsatz (amtlich)
›Es ist nicht treuwidrig, wenn sich ein Versicherer auf die Nichteinhaltung der Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität beruft, wenn
a) er nach Anmeldung des Unfalls über diese Fristen belehrt
und
b) vor Einholung eines Gutachtens auf den Ablauf der Frist und die beabsichtigte Kulanzprüfung hinweist.‹
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 31.03.1998; Aktenzeichen 1 O 309/96) |
Gründe
(abgekürzt nach § 543 Abs. 1 ZPO)
I.
Für den Kläger besteht bei der Beklagten eine dynamische Unfallversicherung zu den Bedingungen AUB 88, nach deren Änderung per 26.06.1993 ihm u. a. Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld von jeweils 44,00 DM pro Tag und bei Invalidität eine Entschädigung von 176.000,00 DM zustehen. Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Invaliditätsentschädigung nach einem Invaliditätsgrad von 30 %, die er in erster Instanz mit 64.800,00 DM beziffert hat, wegen eines am 11. September 1993 erlittenen Verkehrsunfalles sowie ein Krankenhaustagegeld in Höhe von insgesamt 2.856,00 DM für einen stationären Aufenthalt in der E in O in der Zeit vom 20.07.1995 bis zum 16.08.1995 in Höhe von insgesamt 2.856,00 DM.
Nach dem Unfall vom 11. September 1993 wurden bei dem Kläger anläßlich seiner stationären Aufnahme im St. W K in M u. a. eine HWS Distorsion mit Schädelprellung und eine Fissur in der Massa lateralis rechts des Atlas ohne Dislokalision diagnostiziert. Er wurde deshalb in der Zeit vom 11.09. bis 22.10.1993 und 12.11. bis 17.12.1993 stationär behandelt. Die Beklagte zahlte bedingungsgemäß Krankenhaustagegeld, Genesungsgeld und Übergangsgeld.
Der Kläger hat behauptet, er sei wegen der bei dem oben genannten Unfall erlittenen Verletzung erneut in der Zeit vom 20.07. bis 16.08.1995 stationär behandelt worden. Er leide infolge des Unfalls bis jetzt an Kopf- und Nackenschmerzen und sei deshalb zu 30 % invalide.
Die Beklagte hat eine unfallbedingte fortdauernde Beeinträchtigung des Klägers bestritten. Es sei auch der Krankenhausaufenthalt in der Zeit vom 20.07. bis 16.08.1995 nicht unfallbedingt erforderlich gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
II.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Klägers, der seinen Antrag auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung in Höhe von 52.800,00 DM (30 % von 176.000,00 DM) und eines Krankenhaustagegeldes in Höhe von 2.856,00 DM weiterverfolgt, ist nicht begründet.
1.
Ein Anspruch auf Invaliditätsleistung gemäß § 7 I (1) AUB 88 in Verbindung mit den §§ 1, 49 VVG steht dem Kläger nicht zu. Es kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Kläger infolge des Unfalls vom 11.09.1993 auf Dauer in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, denn es fehlt bereits an den formellen Voraussetzungen für die Begründetheit eines Anspruchs auf Invaliditätsleistung nach § 7 I 1 AUB 88.
Nach der genannten Bestimmung ist es erforderlich, daß die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren 3 Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht ist. An der ärztlichen Feststellung der Invalidität innerhalb dieser 15-Monatsfrist, die hier am 11.12.1994 abgelaufen war, fehlt es vorliegend. Aus den dem Senat von den Parteien vorgelegten Unterlagen geht nicht hervor, daß bis Ende 1994 eine dauernde Beeinträchtigung des Klägers aufgrund der am 11.09.1993 erlittenen HWS-Verletzung von keinem Arzt festgestellt worden ist. In der letzten gutachterlichen Äußerung des Dr. B vor Ablauf der 15-Monatsfrist vom 13.03.1994 heißt es zu der Frage nach Invalidität nur "möglich. Ein Jahr nach Unfall ist Nachuntersuchung anzuraten" (Bl. 223 d. A.). Allein der Umstand, daß ein behandelnder Arzt den Eintritt von Invalidität aufgrund der unfallbedingten Verletzungen für möglich hält und zu einer Nachuntersuchung rät, reicht aber zur Feststellung der Invalidität nicht aus (vgl. dazu u. a. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 7 AUB 88 Rdnr. 10). Eine die Invalidität bestätigende ärztliche Feststellung innerhalb der genannten Frist hat der Kläger auch im Senatstermin nicht vorlegen können.
Entgegen der Auffassung des Klägers verhält sich die Beklagte auch nicht treuwidrig, wenn sie jetzt nicht nur zur Begründung ihrer Leistungsverweigerung die behauptete Invalidität bestreitet, sondern sich auch auf den Fristablauf beruft, nachdem sie vorprozessual die Begutachtung des Klägers durch Dr. B veranlaßt hat. Die Beklagte hat den Kläger nämlich bei Geltendmachung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung bereits in ihrem Schreiben vom 19.05.1995 auf das Fehlen der formellen Voraussetzungen für diesen Anspruch - Eintritt der Invalidität als Unfallfolge innerhalb eines Jahres und ärztliche Feststellung spätestens nach weiteren 3 Monaten - hingewiesen. Insoweit ist auf das Schreiben Bl. 24 d. A., das der Kläger selbst zu den Akten gereicht hat, zu verweisen. Die Beklagte hat Dr. B nur deshalb um eine erneute Begutachtung gebeten, "um aber die Möglichkeit einer freiwilligen Leistung zu prüfen". Sie hat dem Kl...