Leitsatz (amtlich)
Wendet der Haftpflichtversicherer im Deckungsprozess ggü. seinem Versicherungsnehmer ein, dass dessen Darstellung zum Schadenshergang nicht zutreffen könne, so ist dieser Einwand erheblich, wenn sich daraus eine versicherungsrechtliche Einwendung ergibt, etwa Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung. Hat der Versicherungsnehmer erklärt, dass er den Hergang nicht aus eigener Kenntnis schildere, sondern die Darstellung von dem Geschädigten oder einem Zeugen übernommen habe, und tritt deshalb keine Leistungsfreiheit ein, so ist der Einwand des Haftpflichtversicherers unerheblich. Denn dieser ist auch zur Abwehr unbegründeter Ansprüche verpflichtet (§ 3 Abschn. II Nr. 1 Abs. 1 AHB 1986/2002).
Normenkette
AHB § 3 Abschn. II Abs. 1
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 08.12.2005; Aktenzeichen 2 O 9/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8.12.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser genommenen Haftpflichtversicherung auf Gewährung von Deckungsschutz aus Anlass eines Vorfalles vom 27.6.2004 in Anspruch.
An diesem Tage soll im Hause des Vaters des Klägers ein Ofen durch das Verhalten des Klägers beschädigt worden sein. Der Kläger meldete der Beklagten den Vorfall durch Schadensanzeige vom 1.7.2004; der Vater des Klägers schilderte im Schreiben vom 8.7.2004 den Hergang des Vorfalles ebenfalls. Die Beklagte lehnte Deckung mit Schreiben vom 7.10.2004 mit der Begründung ab, der Kläger habe falsche Angaben zum Schadenshergang abgegeben.
Der Kläger hat behauptet, er habe sich am 27.6.2004 nach der Rückkehr vom Angeln in den Heizungskeller des seinem Vater gehörenden Hauses begeben. Dort habe er sein feuchtes Angelzeug zum Trocknen aufhängen wollen. Hierzu habe er einen in dem Keller befindlichen Stuhl in eine von dem Kohleofen entfernte Ecke gerückt und begonnen, die feuchten Kleidungsstücke über dem Stuhl auszubreiten.
Im Zuge des Sortierens und Aufhängens der Kleidungsstücke habe er - ohne dies selbst bewusst wahrzunehmen - den Kohlekasten, der neben dem Ofen gestanden hatte, so an den Kohleofen gelehnt, dass dieser die Lüftungsklappe verdeckt habe. Dadurch sei nach ca. zwei Stunden der Ofen infolge Überhitzung geplatzt. Wegen dieses angeblichen Schadensfalles wird der Kläger von seinem Vater (dem Zeugen S) i.H.v. 6.549,95 EUR in Anspruch genommen.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm wegen einer aufgrund des Schadensereignisses vom 27.6.2004 gegen ihn von seinem Vater geltend gemachten Forderung i.H.v. 6.549,95 EUR bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren.
Die Beklagte hat sich im Verhandlungstermin versäumen lassen, so dass antragsgemäß Versäumnisurteil ergangen ist. Hiergegen hat sie form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Der Kläger hat beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten. Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass das Versäumnisurteil schon deshalb keinen Bestand haben könne, weil es die Schadenshöhe präjudiziere. Sie hat den zum Haftpflichtanspruch vorgetragenen Sachverhalt in allen Einzelheiten dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Ferner hat sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzungen berufen und hat Widersprüche zwischen den Angaben des Klägers und des Vaters (Zeuge S) in der Darstellung des Vorfalles vom 27.6.2004 aufgezeigt.
Das LG hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Der Versicherungsfall sei eingetreten, da der Vater den Kläger in Anspruch nehme. Im Deckungsprozess käme es auf das Bestehen eines Haftpflichtanspruches nicht an, da der Versicherer auch unberechtigte Ansprüche abwehren müsse. Im Deckungsprozess sei daher nicht zu prüfen, ob der Anspruch des Geschädigten berechtigt sei. Einwendungen zum Grunde und zur Höhe des Haftpflichtanspruches seien unerheblich. Zur Leistungsfreiheit führende Falschangaben des Klägers seinen nicht ersichtlich. Sowohl die Erklärung des Vaters als auch die Schilderungen des Klägers (Schadensanzeige und Klageschrift) deckten sich im Kern. Auf einen möglichen Betrugsversuch habe sich die Beklagte nicht mehr berufen. Im Übrigen seien die Vorwürfe unkonkret.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt: Die Leistungsfreiheit folge daraus, dass der Versicherungsfall fingiert bzw. manipuliert worden sei und dass der Kläger durch bewusst falsche Angaben einen Betrugsversuch zu Lasten der Beklagten begangen habe. Die Schilderung des Klägers in Klageschrift und Schadensanzeige passten nicht zu der Schilderung des Vaters. Gegen die vorgetragene Überhitzung spräche die Feststellungen des Zeugen B, wonach sich im Ofen noch eine große Menge an unverbrannter Kohle befunden habe.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urte...