Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 04.08.1994; Aktenzeichen 15 O 249/94) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 4. August 1994 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat als Konkursverwalter die Bezugsberechtigungen der Arbeitnehmer des Gemeinschuldners aus einer für sie abgeschlossenen Gruppenlebensversicherung widerrufen und die Kündigung der Versicherung erklärt. Es handelte sich um widerrufliche Lebensversicherungen mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebnisfall zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung. Ein Teil der Arbeitnehmer war bei Konkurseröffnung bereits ausgeschieden und hatte unverfallbare Anwartschaften erworben. Auf diese entfiel ein Rückkaufswert in Höhe von 16.674,38 DM, den der Kläger von der Beklagten begehrt.
Die Parteien streiten darüber, ob das Gesetz zur Besserung der betrieblichen Altersversorgung der Wirksamkeit der Kündigung des Klägers entgegensteht. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1.
Dem Kläger steht ein Anspruch in der ausgeurteilten Höhe gem. §§ 176 VVG, 17 Konkursordnung gegen die Beklagte zu. Die zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge fielen unter die Vorschrift des § 17 Konkursordnung, da sie von beiden Seiten zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht vollständig erfüllt waren. Der Versicherungsnehmer hatte noch künftig Prämien zu zahlen und der Versicherer hatte die Versicherungssumme zu leisten und die Gefahr zu tragen, vor dem vereinbarten Ende des Vertragsverhältnisses leisten zu müssen. Da sich der Kläger gegen die Erfüllung der Verträge entschieden hatte, kann er die Prämienreserve für die Konkursmasse beanspruchen (vgl. BGH VersR 1993, 689 ff = NJW 93, 1994; Prölls/Martin, VVG, 25. Aufl., Anm. 1 A b zu § 14, Anm. 2 zu § 176; Bruck/Möller/Winter, VVG, 8. Aufl., Bd. V/2 Anm. H 217).
Mit der Konkurseröffnung fällt der ursprüngliche Erfüllungsanspruch eines noch nicht erfüllten Vertrages weg (BGH a.a.O.; BGHZ 103, 250, 252; 106, 236, 241; 116, 156, 158). Das Rechtsverhältnis zwischen dem Gemeinschuldner und seinem Vertragspartner wird durch die Konkurseröffnung umgestaltet und an die Stelle der beiderseitigen Erfüllungsansprüche tritt der einseitige Anspruch des Vertragsgegners auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung (BGH VersR 1993, 689 ff; BGHZ 106, 236, 242; 116, 156, 158).
Eine davon abweichende Regelung für Lebensversicherungsverträge sehen die §§ 18 ff Konkursordnung ebenso wenig, wie das materielle Recht, auf das § 25 Konkursordnung verweist, vor. Der Kläger brauchte insbesondere die Verträge nicht noch zusätzlich nach § 165 VVG zu kündigen (vgl. BGH VersR 1993, S. 689 ff; Prölls/Martin a.a.O.; Bruck/Möller/Winter a.a.O.), da § 165 VVG keine Regelung für den Konkurs des Versicherungsnehmers enthält, sondern lediglich für gesunde Versicherungsverhältnisse gilt. Die Vorschrift setzt ein laufendes Versicherungsverhältnis voraus, so daß eine Kündigung durch den Konkursverwalter nur dann erforderliche wäre, wenn er die Erfüllung des Vertragsverhältnisses gefordert hätte. Hat er dagegen die Erfüllung abgelehnt, ist das Versicherungsverhältnis im Zeitpunkt der Konkurseröffnung in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt worden und für eine Kündigung des Vertrages besteht danach kein Raum mehr (BGH VersR 1993, 689 ff).
2.
Dem Anspruch des Klägers stehen auch nicht Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung entgegen.
a)
Die Beklagte kann sich nicht auf § 1 Abs. 2 S. 1 BetrAVG (Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung) berufen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber verpflichtet, wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Eintritt der Unverfallbarkeit das Bezugrecht nicht mehr zu widerrufen. Vorliegend steht der Widerruf des Klägers nicht im Zusammenhang mit der Beendigung der Arbeitsverhältnisse, so daß die Vorschrift ihrem Wortlaut nach den hier zu entscheidenden Fall nicht erfaßt.
In Literatur haben sich zwar einige Stimmen für eine darüber hinausgehende Auslegung auch für den Fall der konkursbedingten Kündigung ausgesprochen (Gareis, Betriebsberater 1987, 2157 ff; Heilmann, KTS 1986, 251, 255; Paulsdorff, KTS 1989, 29, 38). Diese stellen auf die Interessenlage der Arbeitnehmer und den Zweck des Gesetzes, deren Besitzstand zu schützen, ab. Die Versicherungen sollen danach ein betriebswirtschaftlich zweckgebundenes Vermögen darstellen, das dem Arbeitgeber eher als Treuhänder denn als wirtschaftlich Verfügungsberechtigten zustehe (Paulsdorff, a.a.O., S. 39). Dies berücksichtigt nicht hinreichend die Vorstellungen des Gesetzgebers, der mit § 1 Abs. 2 S. 1 BetrAVG lediglich die Wirksamkeit von Verfallklauseln aus sozialen Gründen einschränken und die Mobilität der Arbeitskräfte nicht beeinträchtigen wollte (Bundesta...