Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der Prüfung der Verwerfung eines Einspruchs gegen einen Strafbefehl wegen Nichterscheinen des Angeklagten ist das Gericht nur zu solchen Aufklärungsmaßnahmen verpflichtet, die kurzfristig möglich sind und nicht etwa zu einer Aussetzung der Hauptverhandlung führen.
2. In der Vorlage eines Attestes kann jedenfalls dann keine (konkludente) Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht gesehen werden, wenn im Urteil ausdrücklich festgestellt ist, dass die für die Annahme einer Entschuldigung zu dürftigen Angaben im Attest gerade auf dem Fehlen einer (weitergehenden) Entbindung liegen.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 4 Ns 195/08) |
Tenor
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Detmold hatte gegen den Angeklagten am 30.04.2008 einen Strafbefehl wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz erlassen und darin gegen ihn eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verhängt. Den dagegen gerichteten Einspruch des Angeklagten hat das Amtsgericht mit Urteil vom 29.08.2008 als unzulässig verworfen. Auf die Berufung des Angeklagten gegen dieses Urteil hat das Landgericht diese mit dem angefochtenen Urteil verworfen.
Im angefochtenen Urteil heißt es u.a.:
"Im Einzelnen war der Gang des erstinstanzlichen Verfahrens wie folgt:
Unter dem 30.04.2008 erließ das Amtsgericht gegen den Angeklagten einen Strafbefehl über 60 Tagessätze zu je 10,00 EUR wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Bei einer Zwangsräumung am 23.06.2006 war auf seinem Grundstück zahlreiche Munition gefunden worden. Auf seinen Einspruch vom 08.07.2008 beraumte das Amtsgericht Termin zur Hauptverhandlung auf den 29.08.2008, 13.15 Uhr an. Die entsprechende Ladung wurde dem Angeklagten am 29.08.2008 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 26.08.2008 beantragte Rechtsanwalt X für den Angeklagten die Verlegung des Hauptverhandlungstermins, weil der bisherige Verteidiger erkrankt sei und der jetzt angesetzte Hauptverhandlungstermin vom einzig mandatierten Verteidiger - Rechtsanwalt M - nicht wahrgenommen werden könne, da dieser bis zum 12.10.2008 anderweitig gebunden sei. Das Amtsgericht reagierte mit Fax vom 27.08.2008 an den Verteidiger Rechtsanwalt M und teilte diesem mit, dass dem Antrag auf Terminsverlegung nicht entsprochen werden könne, da zur Zeit der Mandatierung bereits Hauptverhandlungstermin bestimmt gewesen sei. Nun beantragte der Angeklagte selbst mit Fax vom 27.08.2008 die Terminsverlegung, da bisher keiner seiner Rechtsanwälte Akteneinsicht gehabt habe. Am selben Tage sandte das Amtsgericht ein Fax desselben Inhaltes wie zuvor an Rechtsanwalt M an den Angeklagten.
Am Terminstag , dem 29.08.2008 um 12.47 Uhr - also nicht einmal 30 Minuten vor dem auf 13.15 Uhr anberaumten Termin - ging beim Amtsgericht per Fax ein Attest des Arztes für innere Medizin T vom 28.08.2008 betreffend den Angeklagten ein, in dem es heißt:
,Wegen einer akuten Magenerkrankung ist der Patient am 29.08.2008 nicht verhandlungsfähig'.
Im Hauptverhandlungstermin am 29.08.2008 um 13.15 Uhr waren weder der Angeklagte noch ein Verteidiger erschienen. Das Amtsgericht verwarf den Einspruch gegen den Strafbefehl gemäß § 412 StPO und führte zur Begründung aus:
,Die ohne genaue Diagnose eingereichte ärztliche Stellungnahme reicht nicht aus, da es dem Gericht nicht möglich ist, festzustellen, ob der Angeklagte auf Grund der attestierten Erkrankung tatsächlich verhandlungsunfähig ist'.
Unter dem 16.11.2008 ergänzte der Arzt T sein Attest dahin, dass in der ärztlichen Bescheinigung vom 28.08.2008 keine Diagnose genannt wurde, da zum Zeitpunkt der Attestausstellung durch den Patienten keine Entbindung von der Schweigepflicht gegenüber dem Gericht vorgelegen habe."
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und führt insbesondere aus, dass das Amtsgericht weitere Aufklärung hinsichtlich der Verhandlungsunfähigkeit bzw. der Unzumutbarkeit der Teilnahme des Angeklagten an der Hauptverhandlung etwa durch Nachfrage beim behandelnden Arzt hätte anstellen müssen.
II.
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Soweit der Angeklagte die Rüge der Verletzung der §§ 412, 329 Abs. 1, 244 Abs. 2 StPO erhebt, ist sie unbegründet.
a) Diese Rüge wird vom Angeklagten zwar nicht ausdrücklich erhoben. Vielmehr ist ausdrücklich nur von der Rüge der Verletzung materiellen Rechts die Rede. Aufgrund der Ausführungen in der Revisionsbegründung ergibt sich aber noch hinreichend, dass der Angeklagte auch die Rüge der Verletzung der oben genannten Verfahrensnormen erheben will, was nach dem Rechtsgedanken des § 300 StPO beachtlich ist.
b) Die Rüge ist unbegründet.
Zutreffend ist, dass es für die Erhebung der Rüge grundsätzlich im Sinne von § 344 Abs. 2 S. 2 StPO ausreicht, wenn aus der Revisionsbegründung hervorgeht, dass Entschuldigungsgründe vorgebracht worden sind und dass das Gericht pflichtwidrig die gebotene Aufklärung unterlassen habe, denn das Revisionsgericht ist an die tatsächlichen Fests...