Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 12 O 90/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 31.08.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin wird auf die Widerklage des Beklagten verurteilt, an den Beklagten

1.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.11.2015 zu zahlen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin handelt mit Wohnmobilen verschiedener Hersteller. Der Beklagte ist Inhaber eines Wurst- und Fleischwarenbetriebs aus dem Z.

Die Klägerin bot im Januar 2015 das streitbefangene Wohnmobil "X" als "Integriertes Neufahrzeug" zum Preis von 174.900 EUR auf der Internetplattform "....de" an.

Der Beklagte interessierte sich für das Fahrzeug, trat mit der Klägerin in Kontakt und besichtigte das Wohnmobil.

Am 16.01.2015 einigten die Parteien sich unter in zweiter Instanz im Einzelnen streitig gewordenen Umständen darauf, dass der Beklagte das Wohnmobil erwerben und sein gebrauchtes Wohnmobil "Y" bei der Klägerin in Zahlung geben sollte. Ein schriftlicher Kaufvertrag wurde nicht geschlossen. Es existiert lediglich ein Notizzettel, auf dem die Eckpunkte der mündlich getroffenen Vereinbarungen stichwortartig niedergelegt worden sind. Danach betrug der vom Beklagten zu zahlende Gesamtpreis 177.900 EUR. Auf das Wohnmobil "X" entfiel ein Betrag von 174.900 EUR. Die Klägerin sollte das Fahrzeug mit einer Anhängerkupplung versehen und die Gasanlage aus dem Wohnmobil "Y " aus- und in das Wohnmobil "X" einbauen; darauf entfiel der Mehrbetrag von 3.000 EUR. Nach Übereignung des Wohnmobils "Y" an die Klägerin sollte der Beklagte - unter Berücksichtigung einer am 16.01.2015 erbrachten Anzahlung von 1.000 EUR- noch 70.500 EUR an die Klägerin leisten.

Einen Tag nach dem Vertragsschluss erlitt das Wohnmobil "Y" einen Unfallschaden. Das vom Unfallverursacher eingeholte Gutachten ermittelte Reparaturkosten von 14.329,24 EUR netto und eine Wertminderung von 5.000 EUR (Bl. 7ff GA); ein vom Beklagten eingeschalteter Privatgutachter ermittelte später höhere Reparaturkosten in Höhe von rund 35.000 EUR.

Die Klägerin vertrat nachfolgend die Auffassung, das Wohnmobil "Y" könne vom Beklagten nach Schadenseintritt nicht mehr zu den vereinbarten Bedingungen in Zahlung gegeben werden; sie bot dem Beklagten eine Übernahme zum Preis von nur noch 52.500 EUR an; das Angebot lehnte der Beklagte ab.

Daraufhin hat die Klägerin die vorliegende, auf Zahlung von 176.900 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Wohnmobils X gerichtete Klage erhoben und geltend gemacht:

Nachdem der Beklagte noch vor Abwicklung des vereinbarten Geschäfts mit dem Wohnmobil "Y" unstreitig einen Unfall erlitten habe, bei dem es zu einem erheblichen Schaden nebst Wertminderung gekommen sei, habe er es nicht mehr - wie am 16.01.2015 vereinbart - in einwandfreiem und vor allem unfallfreien Zustand an sie, die Klägerin, übergeben können. Es sei ihr auf die Unfallfreiheit des Altfahrzeuges angekommen; danach habe sie vor Vertragsschluss gefragt und der Beklagte habe bestätigt, dass das Fahrzeug unfallfrei sei.

Sie, die Klägerin, sei daher nun nicht mehr zur Inzahlungnahme des Altfahrzeugs verpflichtet. Sie habe daran auch kein Interesse mehr, da das Altfahrzeug mit dem erlittenen Vorschaden praktisch unverkäuflich sei. Sie dürfe anstelle der Übernahme des Wohnmobils "Y" die Zahlung des vollen vereinbarten Kaufpreises - abzgl. der geleisteten Anzahlung von 1 000 EUR - verlangen; darüber verhalte sich die Klageforderung. Die Anhängerkupplung, deren Einbau vereinbart worden sei, werde sie auf Wunsch des Beklagten einbauen; sie sei auch bereit, die Gasanlage wie mit dem Beklagten besprochen umzurüsten.

Der Beklagte, der dem Unfallverursacher, der Halterin des Fahrzeugs und deren Haftpflichtversicherung den Streit verkündet hat, hat die Abweisung der Klage beantragt, dabei aber - sinngemäß - vortragen lassen, er sei bereit, die Klage anzuerkennen, wenn er lediglich wie vereinbart 70.500 EUR (zu)zahlen müsse und - bei Abtretung seiner Ansprüche gegen den Unfallverursacher an die Klägerin - das Wohnmobil "Y" wie vereinbart in Zahlung geben dürfe.

Ergänzend hat er geltend gemacht:

Die Klägerin verlange zu Unrecht die Zahlung des vollen Kaufpreises. Er - der Beklagte - dürfe das Wohnmobil "Y " ungeachtet des Unfallschadens wie vereinbart in Zahlung geben, wenn er es zuvor fachgerecht reparieren lasse oder der Klägerin die ihm gegen den Unfallverursacher zustehenden Ansprüche abtrete.

Die ihm zustehende Befugnis zur Ersetzung des Kaufpreises durch Inzahlunggab...

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