Verfahrensgang
AG Herne-Wanne (Urteil vom 21.07.2006; Aktenzeichen 2 F 46/06) |
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das am 21.7.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Herne-Wanne abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
1. ab dem 1.7.2006 Unterhalt für B, geb. am ..., sowie für M, geb. am ..., jeweils O i.H.v. 100 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung, derzeit 291 EUR (Zahlbetrag), abzgl. des jeweiligen staatlichen Kindergeldes, soweit dieses zusammen mit dem Zahlbetrag 135 % des Regelunterhaltbetrages übersteigt, jeweils monatlich im Voraus, spätestens bis zum 3. Werktag eines jeden Monats, abzgl. je Kind für Juli 2006 gezahlter 50 EUR und je Kind für September 2006 bis einschließlich Februar 2007 monatlich gezahlter je 100 EUR;
2. einen Unterhaltsrückstand für Januar 2006 i.H.v. 13 EUR je Kind zu zahlen; die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen; die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt nach § 540 Abs. 1 ZPO)
I. Die Klägerin, die derzeit im Umfang von 25 Wochenstunden als Arzthelferin tätig ist, verlangt Kindesunterhalt vom Beklagten. Aus der Ehe mit ihm sind die Töchter B, geb. 26.12.1989, und M, geb. 28.1.1992, hervorgegangen, die im Haushalt der Klägerin leben und noch allgemeinbildende Schulen besuchen. Der 1956 geb. Beklagte, Industriekaufmann und Dipl.-Betriebswirt, ist seit Oktober 2004 bei der Fa. Q zu einem Brutto-Stundenlohn von 9,16 EUR im Umfang von 35 Stunden pro Woche an wechselnden Einsatzorten beschäftigt. Bis 1998 war er als Bezirksleiter von Bausparkassen selbständig tätig. Nach einer Weiterbildung zum "Organisator Rechnungswesen" von August 1999 bis Juli 2000 war er zunächst arbeitslos. Überstunden, die bei seinem jetzigen Arbeitgeber anfallen, werden entsprechend einer vertraglichen Vereinbarung im Umfang von max. 20 Stunden pro Monat einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben und stets in Freizeit ausgeglichen; lediglich im darüber hinaus gehenden Umfang findet eine Entlohnung statt. Er zog im Januar 2006 aus der Ehewohnung aus und lebte zunächst bis Ende März 2006 bei seinen Eltern. Mittlerweile hat er eine eigene Wohnung in I bezogen. Seit Januar 2006 zahlt er Lohnsteuer nach einer Veranlagung in Steuerklasse I. Für das Jahr 2005 kam es nachträglich zu einer getrennten Veranlagung, nachdem die Klägerin eine solche beantragt hatte. Die sich für den Beklagten ergebende Nachzahlung von 949 EUR leistete er im Oktober 2006.
Die Klägerin hat behauptet, die Trennung sei bereits Anfang Januar 2006 erfolgt.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei gehalten, zur Sicherstellung des Mindestunterhalts seiner Töchter einer Nebentätigkeit nachzugehen.
Sie hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie
1. beginnend mit dem 1.3.2006 Kindesunterhalt für B und M O i.H.v. 100 % des Regelunterhaltbetrages abzgl. des jeweiligen staatlichen Kindergeldes, soweit dies zusammen mit dem Zahlbetrag 135 % des Regelunterhaltbetrages übersteigt, jeweils monatlich im Voraus, spätestens bis zum 3. Werktag eines jeden Monats,
2. Unterhaltsrückstand für die Kinder B und M für die Monate Januar und Februar 2006 i.H.v. 1.164 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat darauf verwiesen, sein durchschnittliches Einkommen habe im Jahre 2005 noch ca. 1.228,65 EUR monatlich betragen, nach dem Wechsel in die Steuerklasse I belaufe es sich nur noch auf 1.062,94 EUR monatlich, von denen noch Fahrtkosten für eine tägliche Strecke von (insgesamt) 16 km abzusetzen seien. Er hat behauptet, für seinen jetzigen Arbeitgeber häufig wesentlich länger als 35 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Eine Nebentätigkeit sei ihm vor diesem Hintergrund nicht mehr möglich. Die Klägerin, die - wie unstreitig ist - mit den Kindern in einem ihren Eltern gehörenden Haus lebe, zahle nach seinem Auszug und einer Beschränkung der genutzten Räumlichkeiten allenfalls noch eine Miete von 200 EUR monatlich an ihre Eltern.
Das FamG hat der Klägerin Unterhalt für beide Kinder O i.H.v. monatlich jeweils 200 EUR für die Zeit ab April 2006 sowie einen entsprechenden Rückstand von jeweils 500 EUR, insgesamt 1.000 EUR, für die Zeit von Mitte Januar bis einschließlich März 2006 zugesprochen. Dabei ist es von einem bereinigten Einkommen des Beklagten O i.H.v. monatlich 1.057,40 EUR ausgegangen, dem es weitere 230 EUR monatlich aus einer fiktiven Nebentätigkeit hinzugerechnet hat.
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge zunächst uneingeschränkt weiter verfolgt haben.
Der Beklagte macht geltend, angesichts der Überstunden und der ihm abverlangten Flexibilität hinsichtlich der Einsatzorte und des Arbeitsumfangs keiner Nebentätigkeit mehr nachgehen zu können. Wolle er Vorstellungsgespräche wahrnehmen, stehe er in dieser Zeit seinem derzeitigen Arbeitgeber nicht zur Verfügung und fordere somit dessen Kündigung gl...