Leitsatz (amtlich)
Wird das Fahrzeug mit in sich stimmigen Spuren einer professionellen Entwendung verunfallt aufgefunden, kann der Diebstahlsnachweis auch bei einem ansonsten unglaubwürdigen VN als geführt angesehen werden.
Normenkette
AKB § 12
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 10.11.2004; Aktenzeichen 1 O 100/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 10.11.2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Essen teilweise abgeändert und so neu gefasst:
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des LG Essen vom 16.6.2004 verurteilt, an den Kläger 18.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 2.12.2003 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 29 % und die Beklagte 71 % mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, die der Kläger allein zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer bei der Beklagten für seinen Pkw Audi S 6 genommenen Teilkaskoversicherung geltend mit der Behauptung, das Fahrzeug sei am 14.6.2002 in Szczecin in Polen gestohlen und wenige Stunden später in verunfalltem Zustand von der Polizei wieder aufgefunden worden.
Nach dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten der Firma car expert wurde der Wert des verunfallten Pkw wie folgt geschätzt:
Reparaturkosten 35.309,66 EUR
Wiederbeschaffungswert 40.000 EUR
Restwert 14.700 EUR
Die Begutachtung berücksichtigt nicht, dass der Kläger unstreitig das Fahrzeug in verunfalltem Zustand erworben hatte.
Der Kläger hat die Beklagte erstinstanzlich auf Zahlung von 25.300 EUR nebst Zinsen (Wiederbeschaffungswert./. Restwert) in Anspruch genommen.
Er hat behauptet, den Audi S6 Avant mit einem Kostenaufwand von 8.000 EUR in Polen einwandfrei repariert zu haben.
Im Juni 2002 sei er mit dem Fahrzeug nach Polen gefahren.
Am 14.6.2002 sei er in Begleitung des Zeugen J von K, dem Wohnort seiner Eltern, in das etwa 130 km entfernte Szczecin gefahren, um dort in dem weithin bekannten Einkaufszentrum "Castorama" Büromöbel einzukaufen.
Den Pkw habe er auf dem Parkplatz des Einkaufzentrums abgestellt. Nach dem Einkauf, bei dem Büromöbel nicht erworben worden seien, seien er und der Zeuge nach einer oder eineinhalb Stunden mit Einkaufstaschen bepackt zum Parkplatz zurückgekehrt, wo sie den zuvor abgestellten Audi nicht mehr vorgefunden hätten.
Sodann habe man bei der Polizei Anzeige erstattet. Sie hätten sich sehr lange bei der Polizei aufgehalten. Schließlich sei mitgeteilt worden, dass die Polizei den Wagen in verunfalltem Zustand wieder aufgefunden habe. Mit der Polizei seien sie zum Ort des Auffindens, einem Feldweg hinter einem Betriebsgelände, gefahren, wo er den unfallbeschädigten Wagen in Augenschein genommen habe.
Bei dem Wagen seien Aufbruchspuren an der Heckklappe zu sehen gewesen. Tachometer und Zündschloss seien herausgebrochen worden und hätten am Boden gelegen.
Von der Polizei seien sie in ein Hotel gebracht worden, wo sie übernachtet hätten, denn es sei schon sehr spät gewesen. Am nächsten Morgen habe ihn seine Freundin abgeholt und zurück nach K. gebracht.
Die Beklagte hat den Diebstahl des Fahrzeugs bestritten.
Sie hat unter Hinweis auf Vorstrafen und weitere unklare Versicherungsfälle darauf verwiesen, dass der Kläger nicht glaubwürdig sei. Der Versicherungsfall sei mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht.
Sie hat zudem die Höhe des Schadens bestritten.
Der Kläger hat im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.6.2004 ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen und nach Anwaltswechsel und Einspruch gegen das Versäumnisurteil dessen Aufhebung und Verurteilung nach dem Antrag in der Klageschrift beantragt.
Das LG hat den Zeugen J. vernommen; wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.11.2004 verwiesen.
Durch das am 10.11.2004 verkündete Urteil, auf das Bezug genommen wird, ist die Klage abgewiesen worden.
Der Kläger greift das Urteil mit der Berufung an und verfolgt sein Klageziel aus erster Instanz weiter.
Er rügt die Beweiswürdigung als fehlerhaft und stellt unter Beweis durch einen Sachverständigen, dass es möglich sei, durch Aufbrechen der Heckklappe in das Fahrzeug zu gelangen und dieses mit Hilfe eines Laptops zu starten. Das sei ihm von der Polizei in Polen so berichtet worden.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Sie hält einen Einbruch auf einem belebten Parkplatz durch Aufbrechen der Heckklappe zumal bei einem mit einer Alarmanlage ausgestatteten Fahrzeug für äußerst unwahrscheinlich und weist auf die Wegfahrsperre hin, mit der das Fahrzeug ausgerüstet war.
Im Übrigen verweist sie auf in der Person des Klägers liegende Umstände, die seine Unehrlichkeit belegen sollen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die dazu eingereichten Anlagen verwiesen.
Die Akten 87 UJs 9992/02 StA Essen lagen zu Informationszwecken vor.
Der...