Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 09.06.1995; Aktenzeichen 17 O 190/92) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9. Juni 1995 verkündete Urteil der VIII. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil beschwert die Klägerin in Höhe von 16.700,00 DM.
Tatbestand
Die Parteien schlossen am 27.08.1991 einen Mietvertrag über Geschäftsräume im Erdgeschoß des Hauses … in …, die durch einen Umbau dieses unter Denkmalschutz stehenden Hauses entstehen sollten. Eine Baugenehmigung war der Beklagten zur Zeit des Vertragschlusses von der zuständigen Behörde in Aussicht gestellt worden.
Hinsichtlich des Mietbeginns trafen die Parteien folgende Regelung:
„Als Übergabetermin wird der 01.06.1992 vorgesehen.
Sollte dieser Termin nicht eingehalten werden können, wird der Vermieter dies dem Mieter bis zum 31.12.1991 schriftlich erklären.”
Die nach Erteilung einer Teilbaugenehmigung begonnenen Bauarbeiten wurden im März 1992 auf eine Intervention des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege hin unterbrochen. Dieses hatte sich mit Schreiben vom 16.03.1992 an die Stadt … als untere Denkmalbehörde mit der Aufforderung gewandt, die Baustelle sofort stillzulegen.
Zur Begründung wurde in dem Schreiben darauf verwiesen, nach neueren Untersuchungen stamme das Haus nicht – wie bislang aufgrund einer Datierung im Straßengiebel angenommen –, aus dem Jahre 1592, sondern aus der Zeit um 1486 und sei damit als ältestes bekanntes Profangebäude der Stadt ein Baudenkmal von Seltenheitswert und hoher Bedeutung.
In Kenntnis dieser neueren Untersuchungsergebnisse seien die bisherigen Nutzungs- und Modernisierungsplanungen als nicht verträglich für das Baudenkmal einzustufen. Als unverträglich sei insbesondere das Ausmaß der geplanten Nutzung (Gaststätte im Kellergeschoß, Laden- und Büronutzung im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß, fünf abgeschlossene Apartments im zweiten Obergeschoß, zwei abgeschlossene Wohnungen im ersten Dachgeschoß und zwei abgeschlossene Wohnungen im zweiten Dachgeschoß und Spitzboden).
Die Beklagte teilte unter Beifügung des vorgenannten Schreibens des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege der Klägerin mit Schreiben vom 24.03.1992 mit, sie könne den Übergabetermin 31.05.1992 nicht einhalten und sei aufgrund der neuen Situation auch nicht in der Lage, einen Ersatztermin zu benennen. Es werde um Mitteilung gebeten, ob die Klägerin am Mietvertrag festhalten, den Mietbeginn verlegen oder vom Vertrag zurücktreten wolle.
Die Klägerin erklärte mit anwaltlichem Antwortschreiben vom 08.04.1992, sie trete vom Vertrag zurück und verlange Schadensersatz wegen Nichterfüllung.
Als Schaden hat sie im vorliegenden Rechtsstreit die unnütz aufgewandten Maklerkosten in Höhe von 16.700,00 DM nebst 12,5 % Zinsen, seit dem 01.10.1991 eingeklagte. Sie vertritt die Auffassung, ein Schadensersatzanspruch ergebe sich aus der hier analog anzuwendenden Bestimmung des § 326 BGB, wobei angesichts der Erklärung der Beklagten, keinen Ersatztermin benennen zu können, eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich gewesen sei.
Die Beklagte, die die Klageabweisung beantragt hat, hat demgegenüber die Auffassung vertreten, ein Schadensersatzanspruch scheitere bereits im Hinblick darauf, daß sie die Verzögerung nicht zu vertreten habe, weil ursprünglich behördlicherseits gegen das Bauvorhaben keine Bedenken angemeldet worden seien und die spätere Entwicklung zur Zeit des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar gewesen sei.
Der 01.06.1992 sei zudem als Übergabetermin nicht fest vereinbart, sondern nur vorgesehen gewesen.
An einem Geschäft in der … sei die Klägerin gar nicht mehr interessiert gewesen, nachdem ihr in der … ein billigeres Ladenlokal angeboten worden sei, das sie angemietet habe. Für die Vermittlung dieses Geschäftes sozusagen als Ersatzladen habe der Makler der Klägerin keine Provision berechnet.
Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil unter Klageabweisung wegen des weitergehenden Zinsanspruches die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 16.700,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 30.04.1992 zu zahlen und zur Begründung ausgeführt:
Die Beklagte sei in analoger Anwendung des § 326 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie sich selbst zur rechtzeitigen Erfüllung außerstande erklärt habe. Im Hinblick auf das Schreiben vom 24.02.1992 sei der Klägerin nach Treu und Glauben nicht zumutbar gewesen, noch bis zum 01.06.1992 abzuwarten, um sodann ihre Rechte nach §§ 325, 326 BGB geltend zu machen.
Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung sei hier ausnahmsweise entbehrlich gewesen, weil die Beklagte durch ihre Aussage, keinen Ersatztermin benennen zu können, zum Ausdruck gebracht habe, daß die Realisierung des Umbaus völlig ungewiß sei. Der Klägerin sei nicht zuzumuten gewesen, sich auf eine zeitlich nicht abzugrenzende Nachfrist, einzulassen.
Die Nichteinhaltung des Übergabetermins habe die Beklagte zu vertrete...