Leitsatz (amtlich)

1. Der Vertrag über die Lieferung und Übereignung von Frischsperma zum Zwecke der Besamung einer Stute durch einen vom Stutenhalter beauftragten Tierarzt in den Stallgebäuden des Hengsthalters ist als Gattungskauf einzuordnen.

2. Kein Schaden des Stutenhalters trotz Samenverwechselung.

 

Normenkette

BGB §§ 433, 249

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 13.10.2009; Aktenzeichen 2 O 18/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.10.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass ihr durch eine Verwechslung des Frischspermas anlässlich der Besamung ihrer Stute "N2" ein Schaden entstanden sei.

Zur Begründung ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt, macht die Klägerin geltend:

Entgegen der Auffassung des LG, beurteile sich der vorliegende Fall nicht nach Kaufrecht sondern nach den Vorschriften des Dienstvertragsrechts. Die Anwendung des Kaufrechts werde den Grundsätzen der Pferdezucht nicht gerecht. Die Beklagte habe weniger ein körperliches Produkt als vielmehr eine genetische Sequenz zu liefern gehabt. Dem Stutenbesitzer gehe es bei der Besamung auch nicht um die Zur-Verfügung-Stellung des Samens, sondern um die reproduktionstechnische Initialzündung durch Befruchtung und Einnistung des befruchteten Eies. Die Verschaffung von Eigentum an dem Sperma sei völlig untergeordnet.

Durch die Falschbesamung sei ihr der dargelegte Schaden entstanden. Das Vorliegen eines Schadens könne nicht mit der Begründung hinweggewischt werden, sie habe durch den Irrtum der Beklagten Sperma eines höherwertigen Pferdes erhalten. Es sei wesentlicher Bestandteil der züchterischen Entscheidung darüber zu bestimmen, welcher Hengst sich mit der eigenen Stute zur Erreichung der bei den Nachkommen gewünschten Eigenschaften paaren soll. Den Schadensausgleich könne sie in der Weise vornehmen, dass sie die Aufzuchtskosten und den ihr entgangenen Verkaufserlös in voller Höhe geltend mache und der Beklagten im Gegenzug die aus der Falschbesamung hervorgegangenen Pferde zur Verfügung stelle.

Die Klägerin berechnet den ihr bislang entstandenen Schaden auf 67.513,84 EUR. Hilfsweise macht sie primär einen Betrag von 38.013,84 EUR bzw. 32.000 EUR aus ihrer in der Klagebegründung enthaltenen Schadensaufstellung gem. der im Schriftsatz vom 13.11.2008 vorgenommenen näheren Bestimmung geltend.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 67.513,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2007 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe der am 10.5.2002 geborenen Fuchsstute mit der Lebensnummer DE ..2 sowie des am 8.6.2007 geborenen Fuchshengstes mit der Lebensnummer DE ..7, jeweils mit Pferdepass und Eigentumsurkunde;

2. festzustellen, dass

a) sich die Beklagte mit der Abnahme der beiden vorbezeichneten Pferde im Verzug befindet,

b) die Beklagte verpflichtet ist, ihr die für die vorbezeichneten Pferde entstehenden notwendigen Kosten, wie etwa Stall, Futter, Stallmatratze, artgerechte Bewegung, Wurmkur, Hufschmied, Tierarzt zu ersetzen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 1.880,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.12.2007 zu zahlen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags und vertritt die Ansicht, das LG habe zutreffend Kaufvertragsrecht angewandt und das Vorliegen eines der Klägerin entstandenen Schadens verneint. Eventuelle Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls verjährt.

II. Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu, weil der Klägerin durch die Falschbesamung ihrer Stute "N2" ein Schaden nicht entstanden ist.

Gemäß Art. 229 § 5 EGBGB ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 1.1.2002 geltenden Fassung anzuwenden, da der Vertrag über die Besamung der Stute "N2" im Jahre 2001 geschlossen worden ist.

Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich weder aus § 325 BGB a.F. oder § 326 BGB a.F. noch aus dem Gesichtspunkt einer demgegenüber subsidiären Positiven Vertragsverletzung.

1. Gemäß ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?