Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 1 O 254/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.04.2022 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt in der Hauptsache im Wege der Vollstreckungsgegenklage die Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde vom 14.09.1999 (Urk.-Nr.: 289/1999 des Notars A) unzulässig ist. Der Kaufpreis i.H. von 300.000,00 DM wurde i.H. eines Teilbetrages von ca. 246.000,00 DM durch Schuldübernahme getilgt. Der Restbetrag von "ca. 54.000,00 DM" war bis spätestens 31.12.2003 zur Zahlung fällig. Die Klägerin unterwarf sich gegenüber dem Verkäufer - Herrn B, dem Ehemann der Klägerin - der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urkunde Bezug genommen (Bl. 5 ff. d.A.).
Am 00.00.2020 verstarb der Ehemann der Klägerin. Die Beklagten sind die Erben des Ehemanns der Klägerin. Sie haben die Zahlung von 27.609,76 EUR (= 54.000 DM) von der Klägerin verlangt und sich eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 14.09.1999 erteilen lassen.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe am 01.08.2002 den Restkaufpreis Herrn B in bar ausgehändigt. Die Übergabe sei in der ehelichen Wohnung erfolgt. Im Zuge der Auseinandersetzung mit den Beklagten habe sie die Kopie einer Quittung über die Zahlung des Restkaufpreises gefunden. Das Original habe sie versehentlich mit anderen Unterlagen den Beklagten übergeben. Zudem hat sie - unstreitig - die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen D C (Schwester der Klägerin) und E C (ehemaliger Schwager der Klägerin) der Klage stattgegeben. Die Klägerin habe den Restkaufpreisanspruch erfüllt, weswegen die Vollstreckungsabwehrklage begründet sei, § 767 ZPO i.V. mit § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Beweis durch ihre Erklärung im Rahmen der Anhörung sowie durch die Zeugenaussagen erbracht. Dies begründe auch den Antrag auf Herausgabe des streitgegenständlichen Vollstreckungstitels.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes inkl. der Anträge sowie der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Mit der Berufung begehren die Beklagten die Klageabweisung. Das Landgericht habe aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung die Erfüllung der Restkaufpreisschuld durch die Klägerin als bewiesen erachtet. Das Landgericht habe insbesondere nicht hinreichend gewürdigt, dass die Klägerin ihren Vortrag immer wieder modifiziert habe und die Aussagen der Zeugen C für eine Überzeugungsbildung nicht hinreichend tragfähig seien.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Bochum I-1 O 254/21 vom 29.03.2022 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie hilfsweise,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Antrag im Wege der Titelgegenklage verfolgt wird.
Im Übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil unter Ergänzung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags.
Der Senat hat in der Ladungsverfügung u.a. auf die Unbestimmtheit der notariellen Urkunde hingewiesen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Vollstreckungsgegenklage der Klägerin gem. § 767 ZPO (vgl. hierzu unter 1.) und der Anspruch auf Herausgabe des Titels gem. § 371 BGB analog (vgl. hierzu unter 2.) sind jeweils begründet. Die Beklagten sind als Miterben Gesamtschuldner, § 2058 BGB.
1. Die gem. §§ 529, 531 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen tragen die Zulässigkeit und die Begründetheit der Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO. Die hilfsweise im Wege der Anschlussberufung erhobene Titelgegenklage erlangt mithin keine Bedeutung.
a. Die Vollstreckungsgegenklage ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Mit der von der Klägerin behaupteten Erfüllung durch Zahlung und Erhebung der Einrede der Verjährung macht die Klägerin materielle Einwände geltend, sodass die Vollstreckungsgegenklage der statthafte Rechtsbehelf ist (vgl. zur Verjährung Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl., § 767 Rn. 12.43). Über § 795 ZPO ist auch bei einem Vollstreckungstitel gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO wie vorliegend die Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO anwendbar. Andere Bedenken gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsgegenklage bestehen nicht.
b. Die Vollstreckungsgegenklage gem. §§ 795, 767 ZPO ist begründet.
Es kann dahinstehen, ob entsprechend der Feststellung des Landgerichts die Klägerin die Erfüllung des Restkaufpreises bewiesen ha...