Verfahrensgang
LG Dortmund (Entscheidung vom 06.09.1995; Aktenzeichen 17 O 54/92) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 6. September 1995 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500.000,00 DM nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % seit dem 15. Juli 1989 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden materiellen und zukünftigen immateriellen Schaden aus dem Schadensereignis vom 25. September 1982 zu ersetzen, soweit die Ansprüche auf Ersatz materieller Schäden nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 820.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beide Parteien können die Sicherheitsleistung auch durch eine unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in der Bundesrepublik als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts erbringen.
Tatbestand
Der Kläger wurde am 25. September 1982 um 1.00 Uhr als zweites Kind seiner 1953 geborenen Mutter im ..., dessen Trägerin die Beklagte ist, auf natürlichem Wege geboren. Er erhielt die APGAR-Bewertung 4-6-9. Die herbeigerufene Anaesthesistin fand ihn nach ihren Aufzeichnungen "blau, bradycard, schlaff" vor, saugte die Luftröhre ab, beatmete den Kläger zunächst mit der Maske und nahm dann für einige Minuten eine Intubation vor. Die Spontanatmung setzte dann ein, und der Zustand des Klägers verbesserte sich. Später wurde der Kläger in extubiertem Zustand in die Kinderklinik verlegt und dort um 3.20 Uhr aufgenommen. Sein Allgemeinzustand wurde als reduziert beschrieben; seine Akren seien zyanotisch gewesen.
Der Kläger ist körperlich und geistig schwer behindert. Er leidet unter einer Tetraspastik, einer ausgeprägten Athetose und einer medikamentös beherrschten Oligoepilepsie. Über eine aktive Sprache verfügt er nicht, und er kann sich nicht aktiv fortbewegen.
Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz materieller und künftiger immaterieller Schäden in Anspruch genommen. Er hat behauptet, sein Zustand sei auf eine Sauerstoffmangelversorgung unter der Geburt zurückzuführen, die durch eine fehlerhafte ärztliche Betreuung der Geburt verursacht worden sei. Die Beklagte hat Fehler bei der Geburtsbetreuung und deren Ursache für den Gesundheitszustand des Klägers in Abrede gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstänzlichen Parteivortrages wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß die Asphyxie des Klägers während und nach seiner Geburt zwar bei richtiger Behandlung möglicherweise vermieden worden wäre, die Ursächlichkeit dieser Asphyxie für die schweren Behinderungen des Klägers aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.
Er beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, neben 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % seit dem 15.07.1989 zu zahlen;
2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden materiellen Schaden, auch soweit er in der Vergangenheit bereits entstanden ist, und den zukünftigen immateriellen Schden aus dem Schadensereignis vom 25.09.1982 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritter übergegangen sind oder noch übergehen werden.
Die Beklagten beantragen,
1. Die Berufung zurückzuweisen;
2. ihnen nachzulassen, Sicherheitsleistung auch durch die Bürgschaft einer Großbank oder einer öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze mit ihren Anlagen verwiesen.
Der Senat hat die Eltern des Klägers angehört, die Sachverständigen ... und ... zu einer Erläuterung ihrer in erster Instanz erstatteten Gutachten veranlaßt und ein ergänzenden mündliches Gutachten des Sachverständigen ... auf der Grundlage einer schriftlichen radiologischen Befundung einer kernspintomographischen Untersuchung des Klägers eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Vermerke des Berichterstatters zu den Senatsterminen vom 14. August 1996 und 17. Februar 1997 sowie die schriftliche Befundung vom 20. Januar 1997 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte die mit der Klage verf...