Leitsatz (amtlich)

1. Konkludentes Zustandekommen eines Architektenvertrages vor Unterzeichnung einer schriftlichen Vereinbarung.

2. Unwirksamkeit einer Honorarvereinbarung nach § 4 Abs. 1 HOAI.

3. "dolo - agit" Einrede gegen Architektenanspruch auf Vergütung von Änderungsleistungen

 

Normenkette

BGB § 631 Abs. 1, § 632 Abs. 2; HOAI a.F. § 4 Abs. 4; HOAI § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 22.03.2007; Aktenzeichen 6 O 278/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.3.2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Hagen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 220.765,13 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.7.2002 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.

Er rügt: Das LG habe sich nicht mit dem Vortrag zu den nicht vollständig erbrachten Leistungen nach § 55 HOAI auseinandergesetzt. Er habe substantiiert dargelegt, dass die Grundleistungen aus den Leistungsphasen 8 und 9 des § 55 Abs. 2 HOAI nicht vollständig erbracht worden seien, da die Kostenübernahme im Hinblick auf die noch nicht abgenommenen Entwässerungsanlagen durch die T nicht geklärt war. Am Entwässerungsbecken seien noch Restarbeiten erforderlich gewesen, zu deren Vornahme die Beklagte ihn mit Schreiben vom 29.6.2006 aufgefordert habe.

Unstreitig ist das Entwässerungsbecken inzwischen fertiggestellt, abgenommen und an die Stadt I übergeben worden. Der Kläger ist der Ansicht, die Leistungsphase 9 sei gleichwohl noch nicht beendet, da noch Gewährleistungsfristen hinsichtlich des Entwässerungsbeckens laufen. Auch sei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz die vom Beklagten mit Schreiben vom 29.6.2006 angeforderte Kostenaufstellung nicht fertiggestellt worden, da ihm Unterlagen des Dipl.-Ing. L gefehlt hätten, die er am 29.05. bzw. 4.6.2007 erhalten habe.

Hilfsweise mache er den Anspruch als (Teil-) Schlussrechnung geltend. Auch sei das LG nicht gehindert gewesen, den Anspruch auf Ausgleich der Abschlagsrechnungen in einen Anspruch auf (Teil-) Schlussrechnung umzudeuten.

In Bezug auf die Änderungswünsche der Bauherren sowie die Anträge auf öffentliche Förderung trägt der Kläger vor, zum Zeitpunkt der Beauftragung mit den Änderungen seien die Ausführungsplanungen bereits erstellt gewesen. Die Bauanträge für sämtliche Häuser seien am 31.10.1997 gestellt worden.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt, unter Abänderung des am 22.3.2007 verkündeten Urteils des LG Hagen, 6 O 278/06, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 558.402,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.7.2002 zu zahlen; hilfsweise die Beklagte unter Abänderung des am 22.3.2007 verkündeten Urteils des LG Hagen, Aktenzeichen 6 O 278/06, zu verurteilen, an den Kläger 825.434,99 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen, weiter hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurück zu verweisen.

Mit Schriftsatz vom 23.2.2010 hat der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen und beantragt nunmehr, unter Aufhebung des Urteils des LG Hagen vom 22.3.2007, Aktenzeichen 6 O 278/06, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 473.780,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.7.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Verweis auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Ansicht, der Kläger könne keine Abschlagszahlung mehr beanspruchen, da die vom Kläger behaupteten ausstehenden Arbeiten keine Grundleistungen i.S.v. § 55 Abs. 2 HOAI seien. Auch seien die abgerechneten Arbeiten, die Objektplanung für Gebäude, Freianlagen und raumbildende Ausbauten, städtebauliche Leistungen, landschaftsplanerische Leistungen und Änderungsleistungen lange beendet. Das letzte Bauvorhaben in dem Baugebiet sei im Jahr 2001 fertiggestellt worden.

Die Beklagte bestreitet, den Kläger mit weiteren Architektenleistungen außerhalb des schriftlichen Architektenvertrages vom 23./24.7.1997 sowie des Vertrages über städtebauliche Leistungen vom 6.5.1998 beauftragt zu haben. Auch handele es sich nicht um einen einheitlichen Gesamtvertrag. Zunächst seien die städtebaulichen Leistungen beauftragt worden, über die später die schriftliche Honorarvereinbarung getroffen worden sei....

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