Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast für Postsendung mit Schadensanzeige und Schlüsseln

 

Leitsatz (amtlich)

Beweislast des Versicherers, wenn der Versicherungsnehmer behauptet, einer Postsendung habe nicht nur eine Schadenanzeige mit unrichtigen Angaben zu Schlüsseln, sondern auch die richtige Anzahl der Schlüssel und ein weiteres berichtigendes Schreiben beigelegen.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 03.12.2003; Aktenzeichen 1 O 54/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3.12.2003 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages beibringt.

 

Gründe

I. Mit der Behauptung, sein Pkw Mercedes-Benz E 280 sei in der Nacht vom 30. auf den 31.10.2002 vor seiner - vom Wohnhaus etwas entfernt gelegenen - Garage gestohlen worden, begehrt der Kläger Entschädigung aus der bei der Beklagten genommenen Kaskoversicherung. Teile des Fahrzeugs wurden im Dezember 2002 - zusammen mit Teilen von über dreißig gestohlenen anderen Fahrzeugen, insb. der Mercedes-Benz E- und CLK-Klasse - in einem gestohlenen Lkw aufgefunden.

Die Beklagte hat den Diebstahl bestritten und sich außerdem auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung berufen. Damit hat es folgende Bewandtnis. Die Frage nach der Zahl der beim Kauf erhaltenen "Kfz-Schlüssel" in der sog. "Ergänzung der Schadenmeldung" beantwortete der Kläger mit zwei. Tatsächlich hatte er von der Verkäuferin, der Fa. Fahrzeug-Werke L. AG mit Sitz in B., nicht nur zwei (dicke) Schlüssel mit Fernbedienungsfunktion, sondern zudem einen dritten (dünneren) Schlüssel ohne diese Funktion erhalten.

Der Kläger hat dazu behauptet, er sei davon ausgegangen, dass man mit dem dritten Schlüssel nicht habe fahren können; daher habe er diesen nicht als "Kfz-Schlüssel" angesehen. Er habe aber der Beklagten zusammen mit der Schadenanzeige, der vorgenannten Ergänzung und den beiden Hauptschlüsseln - in demselben Briefumschlag - auch den dritten Schlüssel zugesandt und ein Anschreiben beigelegt, welches als anliegend u.a. "2 Kfz- und 1 Sonderschlüssel" nannte.

Die Beklagte hat behauptet, Anschreiben und dritter Schlüssel seien nicht mitgesandt worden.

Das LG hat der Klage - mit Ausnahme unbegründeter Nebenpositionen - stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 22.078,50 Euro nebst Zinsen verurteilt. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte erstrebt mit der Berufung die Abweisung der Klage.

Sie macht geltend: Das LG habe versäumt, die Ehefrau des Klägers - auch - zu dem äußeren Bild des Diebstahls zu hören. Hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Obliegenheitsverletzung habe das LG die Beweislast falsch beurteilt: Der Kläger müsse beweisen, dass er die falsche Angabe in der Ergänzung der Schadensmeldung "korrigiert" habe. Diesen Beweis könne er nicht erbringen.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt, dass als Obliegenheitsverletzung des Klägers nur die falsche Angabe zu den beim Kauf erhaltenen Schlüsseln geltend gemacht werde.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat die Ehefrau des Klägers - erneut - als Zeugin vernommen. Dazu wird den Berichterstattervermerk Bezug genommen.

II. Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das LG die Beklagte zur Zahlung von 22.078,50 Euro nebst Zinsen verurteilt.

1. Der Kläger hat den - von der Rechtsprechung erleichterten (vgl. nur Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 49 Rz. 17 ff. m.w.N.) - Beweis für den von ihm behaupteten Fahrzeugdiebstahl erbracht.

a) Das sog. äußere Bild des Diebstahls ist bewiesen.

Allerdings ist dieser Beweis nicht durch die Aussage der Ehefrau geführt; denn diese war nicht zugegen, als der Kläger am frühen Morgen des 31.10.2002 den Wagen nicht wieder vorfand (vgl. dazu BGH v. 30.1.2002 - IV ZR 263/00, BGHReport 2002, 410 = VersR 2002, 431). Der Beweis ist aber erbracht durch die eigenen Angaben des Klägers vor dem LG und dem Senat. Die für den Kläger streitende Redlichkeitsvermutung (vgl. BGH v. 21.2.1996 - IV ZR 300/94, BGHZ 132, 79 = MDR 1996, 471 = VersR 1996, 575; Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 49 Rz. 26 f. m.w.N.) ist nicht erschüttert. Tatsachen, welche schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers begründen würden, stehen nicht fest. Soweit sich die Beklagte auf die Falschangabe zu den Schlüsseln berufen hat, greift dies schon deshalb nicht durch, weil - wie die Beklagte vor dem Senat eingeräumt hat - jedenfalls nicht widerlegt ist, dass der Kläger zusammen mit der Schadenanzeige und der vorgenannten Ergänzung auch den dritten Schlüssel und ein entsprechendes Anschr...

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