Leitsatz (amtlich)
Eine Vollstreckungsgegenklage ist unzulässig, wenn ihr das Rechtschutzbedürfnis fehlt.
Das Rechtschutzbedürnis fehlt, wenn eine Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht. Wann dies der Fall ist, ist eine von Umständen des Einzelfalles abhängige Tatfrage.
Zusammen mit anderen Indizien kann dies hinsichtlich der Vollstreckung von verjährten Forderungen angenommen werden, wenn die Beklagte ihren Zwangsvollstreckungsantrag auf die nicht verjährten Forderungsteile beschränkt.
Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 11.11.2015; Aktenzeichen 12 O 105/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.11.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer II des LG Detmold wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist jetzt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer VollstreckungsabwehrKlage in der Berufungsinstanz (nur noch) gegen die Vollstreckung der früheren Beklagten zu 2) (nunmehr nur noch: Beklagte) aus einer notariellen Urkunde. Im Hinblick auf die (frühere) Beklagte zu 1) ist der Rechtsstreit erstinstanzlich durch Teilanerkenntnisurteil erledigt worden und nicht in die Berufungsinstanz gelangt.
Die Klägerin ist Alleineigentümerin eines Grundstücks in M, G1, Flurstücks ..., Flur X, eingetragen im Grundbuch von M, Blatt ...
Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldurkunde des Notars T in M vom 4.2.2000, UR-Nr. .. ./. ... Die titulierte Grundschuld dient der Absicherung eines von der Beklagten gewährten Immobilienkredits und hat einen Nominalbetrag in Höhe von 285.000,00 DM (=145.718,19 EUR), ferner ist eine Nebenleistung sowie eine Zinspflicht von 16 % seit dem 4.2.2000 tituliert. Wegen dieser Forderungen unterwarf sich die Klägerin der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Pfandobjekt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde verwiesen (Bl. 56 ff. d.A.).
Anfang 2010 kam die Klägerin mit ihren Darlehensraten erstmals in Verzug, weshalb die Beklagte schließlich unter dem 21.7.2011 die Kündigung des Darlehens aussprach. Am 22.11.2011 wurde der Klägerin die vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde zugestellt. Zuvor - am 22.8.2011 - war zwischen den Parteien zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung eine Teilleistungsvereinbarung geschlossen worden, die am 30.9.2013 ausgelaufen war.
Auf entsprechenden Antrag der Beklagten vom 17.1.2014 ordnete das AG Detmold mit Beschluss vom 30.4.2014 die Zwangsversteigerung wegen sämtlicher titulierter Forderungen, also einschließlich der Grundschuldzinsen ab dem 4.2.2000, an (Bl. 63 f. d.A.).
Spätestens nach Erstellung des ersten Wertgutachtens vom 12.8.2014, mit dem ein Verkehrswert von 170.000,00 EUR ermittelt worden war (Bl. 54 ff. der Beiakte AG Detmold, ... K ./. ...), wandte sich die Klägerin an ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten, auf den sie durch eine Internet-Recherche aufmerksam geworden war. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin steht hinter der Internet-Seite "www...-... de", mit der er erklärtermaßen "Tricks gegen die Versteigerung" vermittelt.
Mit Beschluss vom 11.2.2015 wurde der Verkehrswert nach Einholung eines Gutachtens letztlich auf 210.000,00 EUR festgesetzt. Mit weiterem Beschluss vom 9.3.2015 wurde der erste Zwangsversteigerungstermin auf den 22.6.2015 festgesetzt.
Erstmals mit Schreiben vom 22.4.2015 ließ die Klägerin über ihren späteren Prozessbevollmächtigten die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Zinsen vor dem 1.1.2011 erheben und die Beklagte unter Fristsetzung zum 6.5.2015 auffordern, den Titel herauszugeben oder einen Austausch vorzunehmen bzw. einen solchen zuzusichern (Bl. 66 d.A.). Die Beklagte lehnte dies unter dem 28.4.2015 unter anderem mit dem Hinweis ab, dass die verjährten Zinsen in die Rangklasse 5 fielen und sie - die Beklagte - bei der Forderungsanmeldung ihren Zinsanspruch auf die Rangklasse 4 beschränkt habe; auch zum Erlösverteilungstermin werde sie eine entsprechende Einschränkung vornehmen (Bl. 68 f. d.A.).
Mit Schriftsatz vom 8.5.2015 hat die Klägerin unter dem Hinweis "Eilt Versteigerung läuft!!!" Prozesskostenhilfe für die hiesige VollstreckungsabwehrKlage sowie im beigefügten Klageentwurf die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt, wobei sie Klage und Einstellungsantrag damit begründet hat, dass die Grundschuldzinsen bis zum 1.1.2011 verjährt seien und die Beklagte auch wegen der verjährten Zinsen vollstrecke. Die Beklagte hat im Prozesskostenhilfeverfahren mit Schreiben vom 28.5.2015 erklärt, dass sie "die verjährten Zinsen nicht beanspruche", "noch einmal ausdrücklic...