Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zurückverweisung als verspätet bei Verzögerung auch im Falle rechtzeitigen Vorbringens
Leitsatz (amtlich)
Trägt eine Partei verspätet vor und führt dieser Vortrag zu einer Verzögerung des Rechtsstreits, dann darf dieses Vorbringen dann nicht gemäß § 296 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden, wenn dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre.
Normenkette
ZPO § 296
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 2 O 537/99) |
Tenor
Auf die Berufungen der Beklagten wird das am 17.2.2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Münster mit dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Eine Urteilsgebühr für das Urteil vom 17.2.2000 wird nicht erhoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil beschwert den Kläger i.H.v. 17.797,98 DM.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich im September 1999 in A. auf dem Parkplatz der Fa. … an der B.-Straße ereignet haben soll. Der Kläger war Eigentümer eines Pkw BMW 325 td. Der Beklagte zu 2) ist Halter eines Pkw Ford Sierra, der bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert ist.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte zu 1) habe gegen 22.40 Uhr als Fahrerin des Ford Sierra beim Zurücksetzen aus einer Parkbox seinen BMW beschädigt und ihre Schuld ggü. den hinzugezogenen Polizeibeamten eingeräumt. Er habe den BMW auf dem Parkplatz neben einer Durchfahrtsstraße in einer dazu parallel angeordneten Parkbox abgestellt gehabt und ein Fitnessstudio aufgesucht. Dessen Betreiberin, Frau B., sei durch einen lauten Knall auf den Unfall aufmerksam geworden. Der Kläger hat seinen Schaden mit insgesamt 17.807,98 DM beziffert.
Der Vorsitzende der 2. Zivilkammer des LG hat mit Verfügung vom 27.10.1999 die Zustellung der Klage verfügt, das schriftliche Vorverfahren angeordnet und eine Frist zur Klageerwiderung von drei (weiteren) Wochen bestimmt. Je eine beglaubigte Abschrift der Klage und der Terminsverfügung ist den Beklagten jeweils am 29.10.1999 zugestellt worden. Mit einem bei Gericht am 4.10.1999 eingegangenen Schreiben hat die Beklagte zu 3) im Namen aller Beklagten Verteidigungsabsicht angezeigt. Mit einem am 10.11.1999 eingegangenen Schriftsatz haben sich für die Beklagte zu 3) Prozessbevollmächtigte gemeldet und einen Antrag auf Klageabweisung angekündigt. Durch Beschluss vom 30.11.1999 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. Dieser hat am selben Tag Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt auf den 20.1.2000.
Im Verhandlungstermin hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 3) eine umfangreiche Klageerwiderung nebst einem Parteigutachten überreicht und erklärt, die Beklagte zu 3) trete dem Rechtsstreit als Streithelferin der Beklagten zu 1) und 2) bei. Nach Stellung der Sachanträge hat das Gericht dem Kläger eine Schriftsatzfrist gewährt, den Kläger und die Beklagte zu 1) persönlich gehört und nach Erörterung der Sach- und Rechtslage Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt auf den 17.2.2000. Der Kläger hat innerhalb der Schriftsatzfrist zu der Klageerwiderung der Beklagten zu 3) in der Sache Stellung genommen. Mit einem am 28.1.2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz haben sich für die Beklagten zu 1) und 2) Prozessbevollmächtigte gemeldet und – nach Akteneinsicht – am 7.2.2000 eine Klageerwiderung eingereicht. Darauf hat der Kläger nach Fristablauf, aber noch vor dem Verkündungstermin, mit weiteren Schriftsätzen erwidert.
Die Beklagte zu 3) hat unter Bezugnahme auf das mit der Klageerwiderung überreichte Sachverständigengutachten vorgetragen, der Unfall könne sich nicht so, wie vom Kläger behauptet, zugetragen haben. Die Beschädigungen an dem Pkw des Klägers seien durch mindestens drei Kollisionen mit unterschiedlichen Winkelstellungen hervorgerufen worden. Es sei zu vermuten, dass die Beklagte zu 1) nach der ersten Kollision in Absprache mit dem Kläger noch zweimal gegen dessen Fahrzeug gefahren sei. Nicht auszuschließen sei, dass auch die erste Kollision bereits verabredet gewesen sei. Dafür spreche u.a., dass der Kläger sein beschädigtes Fahrzeug kurz darauf veräußert habe. Die Schadenshöhe werde bestritten.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben vorgetragen, es habe nur eine Kollision gegeben. Für die zwei weiteren Kollisionen sei die Beklagte zu 1) nicht verantwortlich.
Mit dem angefochtenen, am 17.2.2000 verkündeten Urteil hat das LG der Klage – bis auf 10 DM der Kostenpauschale – stattgegeben und den Beklagtenvortrag gem. § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten zu 1) und 2) und die Beklagte zu 3), diese zugleich als Streithelferin der Beklagten zu 1) und 2), Berufung eingelegt. Sie rügen verschiedene Verfahrensfehler und wiederholen und vertiefen in der Sache im Wesentlichen ihr jeweiliges erstinstanzliches Vorbr...