Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. Februar 1986 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 25.660,36 DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden. Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch der erkennende Senat vertritt, besteht ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dann, wenn die von einem Grundstück auf das benachbarte Grundstück ausgehende Einwirkung zwar rechtswidrig ist und deshalb nicht geduldet zu werden braucht, der betroffene Eigentümer oder der Besitzer aber aus besonderen Gründen gehindert ist, diese Einwirkung gemäß §§ 1004, 862 BGB zu unterbinden, und wenn er dadurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGHZ 90, 255 = NJW 1984, 2207 m.w.N.; BGH NJW 1985, 47 m.w.N.). Das Landgericht hat zum Grunde des von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruches zutreffend ausgeführt, daß diese Voraussetzungen hier vorliegen. Der Senat folgt den Ausführungen des Landgerichts und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf sie gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug. Dabei läßt der Senat ausdrücklich offen, ob der Kläger sein Klagebegehren neben der analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch noch auf andere Anspruchsgrundlagen stützen kann. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hier auch insoweit zur Anwendung kommt, als der Kläger Betriebsflächen angepachtet hat (vgl. BGH NJW 1985, 47).
Soweit die Beklagte der Ansicht ist, die Rechtsprechung zu der analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB sei nicht verfassungskonform, geht der Senat davon aus, daß die verfassungsrechtliche Problematik vom Bundesgerichtshof geprüft und für unbedenklich befunden worden ist. Der Senat ist trotz des vorgelegten Rechtsgutachtens des Professors Dr. Zuck vom 17. November 1987 der Auffassung, daß seine bisherigen Entscheidungen zu der hier in Rede stehenden Problematik und auch die in dem vorliegenden Rechtsstreit getroffene Entscheidung im Einklang mit den Inhalten des Grundgesetzes stehen. Der Senat sieht keine Notwendigkeit, die in den vorgenannten Gutachten dargelegten rechtlichen Argumente im einzelnen zu widerlegen.
Auch das übrige Berufungsvorbringen gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß. Ergänzend ist lediglich folgendes zu bemerken:
Soweit die Beklagte die – analoge – Anwendbarkeit des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB schon dem Grunde nach verneint, da sie ihr Grundstück „nicht ortsüblich” genutzt habe, wird die zu der vorgenannten Vorschrift ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkannt. Denn der Bundesgerichtshof geht bei der analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB allgemein von einer „rechtswidrigen Einwirkung” aus (BGH, a.a.O.) und stellt nicht darauf ab, ob eine „ortsübliche” Beeinträchtigung vorliegt.
Die Beklagte muß sich daran festhalten lassen, daß sie die Entstehung von „Umweltschäden” in der Umgebung ihres Werkes in Lengerich in erster Instanz zugestanden hat. Die Beklagte kann nicht sinnvoll bestreiten, daß ihr Werk … Thallium emittiert und dieses Thallium auf Grundstücke in der Umgebung gelangt ist. Damit steht aber auch fest, daß umliegende Grundstücke „beeinträchtigt” worden sind. Der gesamte Sachvortrag der Beklagten erster Instanz, insbesondere der Inhalt der Klageerwiderung vom 8. November 1982 geht von diesem Sachverhalt aus. Bestritten hat die Beklagte lediglich, daß das emittierte Thallium zu irgendwelchen konkreten Schäden geführt hat.
Es kann unzweifelhaft angenommen werden, daß die von der Beklagten verursachten Beeinträchtigungen wesentlich waren und deshalb nicht geduldet werden mußten. Nach der Dokumentation „Umweltbelastungen, durch …” ist die Umgebung des Werks der Beklagten in erheblichem Umfang beeinträchtigt worden. Dazu enthält die Dokumentation eine Fülle von Angaben, die der Kläger übernommen hat und vorträgt. Wenn die Beklagte diesen Sachvortrag nicht gelten lassen will, reicht ein einfaches Bestreiten nicht aus. Die Beklagte hätte im einzelnen dartun müssen, warum die in der Dokumentation niedergelegten Messungen nicht richtig sein können und von ihr abgelehnt werden. Insoweit handelt es sich nicht um eine Frage des Urkundenbeweises, wie der Senat in seinem Urteil vom 15. Dezember 1983 angenommen hat, sondern um die Frage der Substantiierungspflicht der Beklagten.
Ist danach – allgemein – von einer Beeinträchtigung der Grundstücke in der Umgebung des Werks der Beklagten in Lengerich auszugehen, so muß dies auch für den Grundbesit...