Normenkette
BGB §§ 823, 847
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 4 O 257/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.4.2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bielefeld abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld von 50.000 DM und einen weiteren Betrag von 1.087,57 DM, jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem 27.5.1999 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der fehlerhaften Behandlung durch den Beklagten am 7.5.1997 entstanden ist und noch entstehen wird, den materiellen Schaden jedoch nur vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Tatbestand
Die im Jahr 1980 geborene Klägerin begab sich am 7.5.1997 anlässlich eines Sportunfalls in die chiropraktische Behandlung des Beklagten. Der Beklagte stellte folgenden Befund: „Geringe Seitenverkrümmung und Flachrücken, Schmerzempfindung in der LWS mit ausgeprägter Bewegungssteife, Lasegue li. pseudo positiv”; Diagnose: „Blockierung LWS links bei akuter Lumbalgie.”
Der Beklagte führte daraufhin eine chirotherapeutische Behandlung durch und verordnete Krankengymnastik. Auf Grund zunehmender Schmerzen im Rücken mit Ausstrahlung in das rechte Bein suchte die Klägerin den Beklagten am 13.5.1997 nochmals auf. Dieser fertigte eine Röntgenaufnahme und stellte erneut fest, dass der Lasegue pseudo positiv sei und sich zudem keine neurologischen Ausfälle zeigten. Es folgte erneut eine chiropraktische Behandlung. Am 16.5.1997 suchte die Klägerin wiederum den Beklagten wegen ständig anhaltender Beschwerden verbunden mit einem Taubheitsgefühl im rechten Fuß auf. Der Beklagte stellte einen Ausfall des Nervus peronaeus fest. Er veranlasste umgehend eine Überweisung an einen Facharzt für Neurologie, der Folgendes feststellte: „Fußheberparese rechts, Achillessehnenflex rechts nicht vorhanden, Sensibilität im Segment L 5 rechts vermindert, starke Einschränkung der Beweglichkeit der LWS, Naffziger positiv.” Nach Durchführung einer Kernspintomographie der LWS stellte dieser Arzt die Diagnose: „Akutes Wurzelkompressionssyndrom L 5 rechts bei Bandscheibenvorfall L 4/5 nach Sportverletzung.” Noch am 16.5.1997 wurde die Klägerin in der Neurochirurgischen Klinik M. operiert. Die stationäre Behandlung dauerte bis zum 23.5.1997.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung des Schmerzensgeldes – Vorstellung: 50.000 DM –, Ersatz bezifferter materieller Schäden und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, dass der Beklagte bei den Behandlungen am 7. und 13.5.1997 die gebotenen Untersuchungen nicht vorgenommen habe. Bei einer regelrechten konservativen Behandlung hätten die Operation vom 16.5.1997 und die damit verbundenen Nachteile verhindert werden können. Der Beklagte hat behauptet, die gebotenen Untersuchungen vor den Behandlungen am 7. und 13.5.1997 durchgeführt zu haben und stellt jeden Behandlungsfehler in Abrede. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die chiropraktischen Behandlungen am 7. und 13.5.1997 bei einer bandscheibenbedingten Ischialgie den Therapieleitlinien der Orthopädie entspreche. Etwaige Dokumentationsversäumnisse ließen nicht den Schluss zu, dass der Beklagte die gebotene und aufzeichnungspflichtige Maßnahme vor den chiropraktischen Behandlungen unterlassen habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin und beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des LG Bielefeld vom 14.4.2000
1. den Beklagten zu verurteilen, 1.087,57 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Senats gestellt wird, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr auf Grund der fehlerhaften Behandlung durch den Beklagten in der Zeit vom 7. bis zum 16.5.1997 entstanden sind oder zukünftig entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
Der Beklagte beantragt,
1. die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen;
2. hilfsweise Vollstreckungsnachlass.
Die Parteien wiederholen, vertiefen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze mit ihren Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat, nachdem sich der Sachverständige Professor Dr. W. selbst für befangen erklärt hat, das Befangenheitsgesuch der Klägerin für b...