Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 12.06.1991; Aktenzeichen 14 O 95/89)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Juni 1991 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Sache wird zur Feststellung der Höhe der Klageforderung an das Landgericht Münster, das auch über die Kosten der Berufung zu befinden hat, abgegeben.

Das Urteil beschwert keine der Parteien um nicht mehr als 60.000,–DM.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet.

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Schadensersatzansprüche führt die Berufung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht (§§ 539, 540 ZPO).

Die Klägerin kann die Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, da sie für den geltend gemachten Sachschaden gemäß §§ 823 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB gemeinsam verantwortlich sind. Außerdem haftet der Beklagte zu 2) nach den Regeln der positiven Vertragsverletzung.

I.

Der Beklagte zu 2) hat den am Eigentum der Klägerin entstandenen Schaden nach den Regeln der positiven Vertragsverletzung und Deliktsrecht (§ 823 BGB) zu ersetzen. 1. Nach dem vorliegenden Sach- und Streitstand steht der Klägerin ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung zu.

a) Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Rahmen der werktvertraglichen Schadensersatzhaftung (§§ 635, 638 BGB) von einem engen Schadensbegriff auszugehen. Es ist hier im Prinzip nur der sogenannte Mangelschaden geregelt, der dem hergestellten Werk „unmittelbar” anhaftet, nicht aber der sogenannte Mangelfolgeschaden, der zwar auch kausal durch einen Mangel bedingt ist, aber erst durch Hinzutritt eines weiteren Ereignisses und an weiteren Rechtsgütern des Auftraggebers/Bestellers realisiert wird. Letzterer ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der positiven Vertragsverletzung zu behandeln. Der Grund der Haftpflicht besteht darin, daß der Auftragnehmer kein Merk erstellen darf, das die elementaren Rechtsgüter irgendeiner Person – des Auftraggebers/Bestellers oder eines beliebigen Dritten – infolge ihrer fehlerhaften Beschaffenheit gefährdet. Tut er es gleichwohl, so verletzt er eine allgemeine Verkehrspflicht, und er ist jedem, der infolgedessen an einem der durch die Verkehrspflicht geschützten Rechtsgüter verletzt wird, zum Schadensersatz aus § 823 BGB verpflichtet. Wird der Auftraggeber in seinen absolut geschützten Rechtsgütern verletzt, so tritt neben die allgemeine Deliktshaftung die Haftung aus positiver Vertragsverletzung (vgl. BGH NJW 1991, 562 f.; BGH WM 1992, 819 = NJW 1992, 1225 = DB 1992, 1132).

Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes, da das Wasser durch einen Baumangel in die Kellerräume des Neubaues der Klägerin gedrungen ist und mit den behaupteten Schaden an Möbeln und Einrichtungsgegenständen ein „entfernterer” Mangelfolgeschaden geltend gemacht wird.

b) Der Klägerin ist darin zuzustimmen, daß der Beklagte zu 2) und sein Mitgesellschafter … den Schmutzwasserkanal gegen Rückstau sichern mußten und das Fehlen eines Rückstauventils einen schadensursächlichen Baumangel darstellt. Aufgrund unstreitigen Sachverhalts steht fest, daß die Klägerin den Baubetreuer … im „Bauherren-Betreuer-Vertrag” vom 04.09.1983 mit der schlüsselfertigen Errichtung des Einfamilienhauses beauftragt hat und in der von dem Architekten genehmigten Baubeschreibung vom 2.03.1984 der Einbau eines Rückstauventils ausdrücklich vorgesehen war. Ferner ist unstreitig, daß der Beklagte zu 2) und … sich als BGB-Gesellschafter mit „Baubetreuungs-Vertrag” vom 13.07.1984 gegenüber der Klägerin zur Fertigstellung der von ihnen im Auftrag von … begonnenen Bauarbeiten verpflichtet haben. Zwar haben sie damit nicht die Rechtsnachfolge von … angetreten, weil für eine Vertragsübernahme nichts dargetan oder ersichtlich ist. Dennoch liegt eine Schlechterfüllung des „Baubetreuungs-Vertrages” vom 13.07.1984 vor, da nach dem eigenen Vortrag des Beklagten zu 2) der Einbau eines Rückstauventils vereinbart war und eine Rückstausicherung auch ohne besondere Vereinbarung hätte eingebaut werden müssen.

Die in der Rechtsprechung und im Schrifttum herrschende Meinung geht im Anwendungsbereich des gesetzlichen Werkvertragsrechts von dem „subjektiven” oder „konkreten” Fehlerbegriff aus. Nach letzterem Begriff, der von der ganz herrschenden Lehre auch im Kaufrecht vertreten wird, ist ein Fehler jede dem Auftraggeber/Besteller ungünstige, nicht unerhebliche Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit des Werkes von der, vertraglichen (gesollten) oder zumindest normalen Beschaffenheit derartiger Werke, sofern diese Abweichung seinen Wert oder seinen (vertraglichen bzw. gewöhnlichen) Gebrauchszweck beeinträchtigt (vgl. etwa BGH BauR 1970, 57 f.; BauR 1984, 510, 512; Kaiser, BauR 1983, 19 ff. mit weiteren Nachweisen). Danach liegt im vorliegenden Streitf...

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