Leitsatz (amtlich)
Zum schlagwortartig so bezeichneten "Recht auf Vergessen" (hier: Presseberichte aus dem Jahr 2011 über Fehlverhalten des damaligen Geschäftsführers eines Fußballvereins im Online-Archiv einer Tageszeitung).
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2; GG Art. 5
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 19 O 100/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.06.2021 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Der Kläger war in den Jahren 2000 bis 2003 Geschäftsführer eines Tochterunternehmens des Sportrechtevermarkters "A". Zudem war er für mehrere Jahre bei der B AG beschäftigt und dort verantwortlich für bekannte Musicals wie "C" oder "D". Im Jahre 2003 wurde er Geschäftsführer der Stadiongesellschaft der von dem Fußballverein "E" genutzten F-Arena in G. Während und nach seiner Beschäftigungszeit in G betrieb der Kläger überdies zeitweise gegenüber der F-Arena eine Fußballgaststätte namens "H". Ab dem Jahre 2008 arbeitete er als Geschäftsfeldleiter bei dem mittelständischen Unternehmensberatungsunternehmen I AG; dort war er u.a. Leiter des Projektes "IT-Einführung bei J und in der K-Arena". Seine Tätigkeit für die I AG endete im Jahre 2010. Ab Juni 2010 war der Kläger als Geschäftsführer für den Fußballverein "L" tätig. Diese Tätigkeit endete im August 2011. Derzeit arbeitet der Kläger als "(...)", "(...)" und "(...)".
Die Beklagte gibt die Tageszeitung "M" (abgekürzt: "M") heraus und unterhält den Internetauftritt "www.M.de".
Im Dezember 2010 kam es in einem N'er Nachtlokal zu einem Vorfall unter Beteiligung des Klägers, der im Jahre 2011 mehrfach Gegenstand der Presseberichterstattung in der Tageszeitung "M" und in dem Internetauftritt der Beklagten war.
Am 10.08.2011 veröffentlichte die Beklagte in ihrem Internetauftritt einen Artikel mit der Überschrift "L-Geschäftsführer O hat Ärger mit der Justiz" (Internetausdruck Anlage LHR 2 = Blatt 17-19 der Gerichtsakte). Dieser Artikel hat folgenden Wortlaut:
"L-Geschäftsführer O hat Ärger mit der Justiz
Strafbefehl wegen Körperverletzung, Betruges und Beleidigung
P (gär). Der Geschäftsführer des Fußball-Drittligisten L, O, hat Ärger mit der Justiz. Wie er auf Anfrage selbst einräumte, wurde gegen ihn ein Strafbefehl in Höhe von 60 Tagessätzen wegen Körperverletzung, Betruges und Beleidigung erlassen.
Nach eigener Darstellung war O am 21. Dezember 2010 nach dem Pokalspiel des Q gegen R in einer N'er Lokalität zusammen mit seinem Bruder, in ein Handgemenge geraten'. Man habe das Lokal dann, vor Begleichung der Rechnung 'in ,alkoholisiertem Zustand' verlassen.
Der N'er Oberstaatsanwalt S bestätigte das Verfahren. Der Beschuldigte habe sich in einem N'er Club ;unbotmäßig verhalten'. Ihm werde zur Last gelegt, eine Person, ohne rechtfertigenden Grund 'geschlagen und danach beschimpft zu haben. Details und Namen wollte S nicht nennen.
O zeigt Reue
Weil O seinen Wohnsitz im Kreis T hat, hatte die N'er Staatsanwaltschaft nach dem Vorfall die Kreispolizeibehörde in T um Amtshilfe gebeten. Dort war O als Beschuldigter vernommen worden und hatte nach Informationen der M den Sachverhalt im Wesentlichen eingeräumt.
,Es war ein Blackout ', sagte der L-Geschäftsführer am Dienstag gegenüber der M. Die Angelegenheit tue ihm leid. Er habe sich bei allen Beteiligten dafür entschuldigt'. Sein Bruder, der in N wohnt, habe die fällige Rechnung einen Tag später beglichen."
Am 11.08.2011 veröffentlichte die Beklagte in ihrem Internetauftritt einen Artikel mit der Überschrift "O's Affäre sorgt für Turbulenzen bei L" (Internetausdruck Anlage LHR 3 = Blatt 20-23 der Gerichtsakte). Dieser Artikel hat folgenden Wortlaut:
"O's Affäre sorgt für Turbulenzen bei L
Aufsichtsrat gibt Geschäftsführer Rückendeckung nach Handgemenge in N
P. O, Finanz-Geschäftsführer des Fußball-Drittligisten U L, sorgt mit seiner privaten Affäre für heftige Turbulenzen im Verein. Der gegen ihn erlassene Strafbefehl in Höhe von 60 Tagessätzen wegen Körperverletzung, Betrugs und Beleidigung nach einem Handgemenge in einem N'er Etablissement im Dezember 2010 erweist sich nicht gerade als förderlich für sein Image - und den Klub. ,Diese Geschichte, die ich zutiefst bedauere, strahlt auch auf L aus', sagt O wohl auch mit Blick auf die größtenteils bitterbösen Kommentare im Internet.
Nach dem Inhalt des amtlichen Polizeiberichts sollen O und sein Bruder am 21. Dezember 2010 in N als ,Gäste eines Bordells randaliert' und sich geweigert haben, eine Zeche von 300 Euro zu begleichen. ,Darüber hinaus habe einer der beiden Männer eine Angestellte des Hauses angespuckt und eine weiter...