Leitsatz (amtlich)
1. Zur Anwendbarkeit des BBergG und des ABG (Allgemeines Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24.06.1865)
2. Zum Umfang des Schadensersatzes für bergbaubedingte Schäden nach § 148 ABG
3. Zur Verjährung des Anspruchs nach § 151 ABG.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Entscheidung vom 18.01.2008; Aktenzeichen 3 O 264/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.01.2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund dahingehend abgeändert, dass der Feststellungsantrag gemäß lit. c) des angefochtenen Urteils abgewiesen wird.
Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 65 % und die Beklagte zu 35 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Entscheidungsgründe
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung von Bergschäden.
Die Klägerin ist seit 1995 - nach ihrem Vater - Eigentümerin des nicht bebauten Grundstücks G, Flur 3, Flurstücke 1828 und 2278 (zuvor: 1829), eingetragen im Grundbuch von G Blatt 65829. Die Beklagte als Bergwerkseigentümerin bzw. einer ihrer ehemaligen Pächter betrieb in diesem Bereich ursprünglich die Kleinzeche "H III". Bis etwa 1965 wurde unterhalb des vorbezeichneten Grundstücks der Klägerin Bergbau auf dem Flöz "Mausegatt" betrieben. Dabei wurden Abbautätigkeiten im oberflächen- und tagesnahen Tiefenbereich durchgeführt. Die obere Abbaugrenze näherte sich der Tagesoberfläche auf ca. 8 bis 10 Meter. Der Kohleabbau ging von mehreren Tagesöffnungen aus, von denen zwei auf dem Grundstück der Klägerin lagen. Nach Beendigung des Bergbaus in diesem Gebiet kam es im Jahre 1965 zu einem betriebsplanmäßigen Zubruchwerfen des tagesnahen Abbaus.
In den Folgejahren traten auf dem streitgegenständlichen Grundstück wiederholt Tagesbrüche in Form von Muldenbildungen und Geländeabsenkungen auf. Der Vater der Klägerin wandte sich als damaliger Grundstückseigentümer an die seinerzeit zuständige "Gewerkschaft H1" und erhielt von dieser in den Jahren 1967, 1968 und 1970 jährliche Einmalzahlungen in Höhe von 600,00 DM , 400,00 DM und 500,00 DM für "die Verfüllung der Tagesbrüche" bzw. auch "für den Ausfall von 3 vha". In einem Schreiben vom 05.10.1970 (Bl. 102 GA) wies der Vater der Klägerin die "Gewerkschaft H1" darauf hin, dass auf "seinen Weiden laufend neue Bergschäden" aufträten. Er bat die Gewerkschaft deshalb, ihn nicht Jahr für Jahr aufs Neue vorstellig werden zu lassen, sondern ihre Kasse anzuweisen, ihm den jährlichen Betrag in Höhe von 500,00 € so lange zukommen zu lassen, bis die bergbaulichen Einwirkungen abgeklungen seien. Ansonsten bliebe ihm nichts anderes übrig als den Klageweg zu beschreiten.
Als die Klägerin im April 2002 vier trichterförmige Geländeabsenkungen von 1 - 1,5 m Tiefe und 2 - 4 m Durchmesser feststellte, beauftragte sie die V Ingenieurgesellschaft Dr. S - Dr. P in C mit der Erstellung eines Gutachtens zur bergbaulichen Situation ihres Grundstückes.
Gestützt auf dieses Gutachten vom 26.06.2002 (Bl. 13 - 32 GA) hat die Klägerin behauptet, die erst im Jahre 2002 entstandenen Geländesenkungen und Muldenbildungen seien auf Tagesbrüche zurückzuführen. Diese Tagebrüche seien nicht Folge des auf dem Flöz "Kreftenscheer" im Jahre 1846 betriebenen (Alt-) Bergbaus oder eines nach dem Ende des zweiten Weltkrieges vorgekommenen sogenannten Wilden Bergbaus, sondern sie seien ursächlich auf den von der Beklagten ehemals auf dem Flöz "Mausegatt" betriebenen Bergbau zurückzuführen. Der Untergrund ihres Grundstücks habe durch diesen Bergbau eine verminderte Tragfähigkeit; es sei keine ausreichende Standfestigkeit mehr gegeben. Manifestiert hätte sich dies bereits in Tagesbrüchen, Muldenbildungen und Geländeabsenkungen. Es bestehe die Gefahr weiterer Absenkungen und von Einbrüchen der Tagesoberfläche.
Die Klägerin hat beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, die Tagesbrüche auf dem Grundstück der Klägerin In der Bahn, G in G - Grundbuch von G des Amtsgerichts G Blatt 65829 Flur 3, Flurstücke 1828 und 2278 - so zu beseitigen, das der zuvor bestandene Zustand wieder hergestellt ist,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den im Antrag zu Ziffer 1 genannten Grundstück die Arbeiten durchzuführen, die erforderlich sind, um die Tragfähigkeit/Standsicherheit herzustellen, die ohne die von der Beklagten unter dem Grundstück betriebenen Bergbau-/Abbautätigkeiten vorhanden wäre,
hilfsweise,
festzustellen, das die Beklagte verpflichtet ist,
a.
künftig auftretende und aus der Abbautätigkeit der Beklagten zum Flöz Mausegatt resultierende Absenkungen und Tagesbrüche auf den im Klageantrag zu 1. genannten Grundstück der Klägerin so zu beseitigen, dass der zuvor bestandene Zustand wiederhergestel...