Leitsatz (amtlich)
1. Die Verwendung der Entschädigung zur Wiederbeschaffung ist nur dann gesichert, wenn über den Abschluss eines wirksamen Kaufvertrages hinaus dessen finanzielle Durchführbarkeit nicht in Frage steht.
2. War das entwendete Fahrzeug ein Reimport, ist in der Regel auf den Neupreis eines Reimportes abzustellen.
Normenkette
AKB § 13
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen 2 O 89/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9.6.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Neupreisentschädigung (Neuwertspitze) aus einer Teilkaskoversicherung in Anspruch.
Der Kläger war Halter eines VW Golf IV, Baujahr 2003, amtl. Kennzeichen xyz, für das er bei der Beklagten eine Teilkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt von 150 EUR genommen hatte. Vereinbart waren die AKB der Beklagten, Stand Oktober 2002. Das Fahrzeug hatte der Kläger zum Neupreis von 16.588 EUR als Reimportfahrzeug aus den Niederlanden erworben.
Der am 2.1.2003 erstmals zugelassenen Pkw des Klägers wurde am 28.4.2003 in Polen gestohlen.
Es ist zwischen den Parteien nicht im Streit, dass im Falle des Nachweises der entsprechenden Voraussetzungen die Beklagte zur Leistung einer Neupreisentschädigung verpflichtet ist.
Die Beklagte holte ein Gutachten zum Wiederbeschaffungswert des Golf IV ein, der auf 15.700 EUR geschätzt wurde. Unter Berücksichtigung des vereinbarten Selbstbehalts zahlte sie gem. Abrechnungsschreiben vom 15.7.2003 einen Betrag von 15.550 EUR aus. Sie erklärte sich zu einer Neuwertentschädigung auf der Basis eines Neupreises von 18.000 EUR bereit, falls ihr eine unbedingte Bestellung einer Ersatzbeschaffung in entsprechender Höhe nachgewiesen werde.
Der Kläger legte der Beklagten eine "Verbindliche Volkswagen-Bestellung" vom 19.12.2003 über einen bei der Fa. T in G bestellten VW Golf V mit einer entsprechenden Ausstattung wie der des versicherten Golf IV zum Preis von 24.993,12 EUR vor (Kopie Anlage zur Klageschrift - Bl. 17 GA). Die Beklagte brachte in Erfahrung, dass diese Pkw-Bestellung zwar unterschrieben, gleichwohl aber noch nicht ausgeführt war, weil eine ihr zunächst nicht bekanntgegebene Zusatzvereinbarung geschlossen worden war; auf den Inhalt der schließlich in der Berufungsinstanz überreichten Urkunde "Zusatz zur Fahrzeugbestellung vom 19.12.2003" (Anlage zum Protokoll v. 25.11.2005) wird Bezug genommen.
Der Kläger hat 9.443,12 EUR nebst Zinsen (24.993,12 EUR./. gezahlter 15.550 EUR) eingeklagt und sich auf den Standpunkt gestellt, den vollen Preis i.H.v. 24.993,12 EUR beanspruchen zu können, da der Golf IV nicht mehr hergestellt werde und der Golf V das Nachfolgemodell sei.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.
Die Parteien haben darüber gestritten, wie die Neupreisentschädigung zu berechnen ist, ob Reimportpreise zugrundezulegen und erzielbare Rabatte zu berücksichtigen sind, sowie, welche Anforderungen an die Sicherstellung der Verwendung der Entschädigungsleistung zur Wiederbeschaffung eines anderen Fahrzeuges zu stellen sind.
Das LG hat Auskünfte der VW-AG eingeholt und in Erfahrung gebracht, dass
- der Golf IV bis ins 4. Quartal 2003 produziert und vertrieben worden ist,
- der Bruttolistenpreis für das Fahrzeug in Deutschland 21.152 EUR betrug,
- der Preis der aus den Niederlanden reimportierten Fahrzeugen 17.152 EUR betrug.
Das LG hat unter Abweisung der Klage im Übrigen einen Betrag von 3.336,80 EUR zugesprochen. Es hat die Sicherstellung der Entschädigungsleistung zur Wiederbeschaffung eines Neufahrzeugs bejaht, da auch ein bedingter Kaufvertrag verbindlich sei.
Zur Höhe ist das LG von dem für Deutschland ausgewiesenen Bruttolistenpreis ausgegangen, von dem ein erzielbarer Rabatt abzuziehen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten - auch zum Sach- und Streitstand in erster Instanz - wird auf das am 9.6.2005 verkündete Urteil Bezug genommen.
Die Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an und verfolgt unter Wiederholung der Argumente aus erster Instanz ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Ferner beruft sich die Beklagte auf den Ablauf der Frist des § 13 Abs. 10 AKB.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Sie führt zur Abweisung der Klage insgesamt.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Neupreisentschädigung; seine Ansprüche aus dem Versicherungsfall vom 28.4.2003 sind mit der Zahlung der 15.550 EUR (Wiederbeschaffungswert./. Selbstbeteiligung) abgegolten (§ 13 Abs. 1 AKB).
Zwar waren die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 AKB, unter denen ein Versicherungsnehmer den Anspruch auf eine Neupreisentschädigung erwirbt, zwischen den Parteien nicht im Stre...