Verfahrensgang
LG Detmold (Entscheidung vom 25.06.2009; Aktenzeichen 9 O 45/08) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 25.06.2009 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 2.865,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen der Kläger zu 24 % und das beklagte Land zu 76 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 16 % und das beklagte Land zu 84 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
Der Kläger, der vom 10. Januar bis zum 18. Juli 2007 in der Justizvollzugsanstalt (im Weiteren: JVA) Detmold inhaftiert war, mit deren Errichtung vor dem 01.01.1977 begonnen wurde, verlangt von dem beklagten Land Nordrhein-Westfalen nach Maßgabe ihm mit Beschluss des Landgerichts vom 29.05.2008 in Gestalt des Senatsbeschlusses vom 16.01.2009 bewilligter Prozesskostenhilfe Zahlung einer Entschädigung wegen seines Erachtens menschenunwürdiger Haftunterbringung für 188 Tage zu je 20,- € , also in Höhe von insgesamt 3.760,- €.
Der Kläger war innerhalb des von dem Entschädigungsbegehren umfassten streitgegenständlichen Zeitraums nach den unstreitigen Feststellungen im Urteil des Landgerichts vom 10.01.2007 bis zu seiner Verlegung in einen Einzelhaftraum am 18.07.2007 - mit Ausnahme einer Einzelunterbringung am 29.03.2007 - in den jeweils 9,06 qm großen Hafträumen A 122 und B 223 mit jeweils einem Mitgefangenen untergebracht, wobei die Toilette in beiden Hafträumen nur mittels einer Schamwand abgetrennt war.
Ab dem 19.01.2007 ging der Kläger werktags von ca. 06:45 Uhr bis ca. 16:00 Uhr - mit Ausnahme der Mittagskosteinnahme - außerhalb des Haftraumes einer Arbeitstätigkeit nach.
Förmliche Rechtsmittel gegen seine Unterbringung hat der Kläger nicht eingelegt.
Erstinstanzlich haben die Parteien im Wesentlichen darüber gestritten, ob der Kläger anstaltsinterne Anträge auf Einzelunterbringung gestellt hat, ob seine Unterbringung menschenunwürdig war, auf einer schuldhaften Amtspflichtverletzung des Landes beruhte und einen geldwerten Entschädigungsanspruch nach sich zog, wobei sie insbesondere die Frage des Haftungsausschlusses nach § 839 Abs. 3 BGB problematisiert haben. Ferner hat das Land erstinstanzlich hilfsweise die Aufrechnung mit einer ihm gegenüber dem Kläger zustehenden Justizkostenforderung erklärt.
Das Landgericht hat das beklagte Land durch das angefochtene Urteil zur Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 3.402,00 € für insgesamt 188 Tage verurteilt, wobei es für den Zeitraum vom 10.01.2007 bis zum 18.01.2007 (9 Tage) von einer kalendertäglichen Entschädigung i.H.v. 20,00 € ausgegangen ist und für den Zeitraum vom 19.01.2007 bis zum 17.07.2007 mit Ausnahme des 29.03.2007 (179 Tage) eine wegen der Arbeitstätigkeit des Klägers reduzierten kalendertäglichen Entschädigung in Höhe von 18,00 €, also insgesamt 3.222,00 € in Ansatz gebracht hat.
Daneben hat das Landgericht Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2008 zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, da dem Kläger und seinem jeweiligen Mitgefangenen während der gemeinschaftlichen Unterbringung nicht jeweils mindestens 5 qm Haftraumgrundfläche zur Verfügung gestanden habe und eine vollständig baulich abgetrennte Toilette nicht vorhanden gewesen sei, sei der Kläger menschenunwürdig untergebracht gewesen, was eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des beklagten Landes darstelle. Der Haftungsausschluss des § 839 Abs. 3 BGB greife nicht ein. Zwar sei streitig, ob der Kläger es schuldhaft unterlassen habe, ein Rechtsmittel gegen die Art und Weise seiner Unterbringung einzulegen, das beklagte Land habe aber nicht schlüssig dargetan, dass ein solches Rechtsmittel in der damaligen Situation angesichts der ständigen Überbelegung der JVA Detmold in den streitgegenständlichen Zeiträumen trotz des Vorhandenseins von vier Schlichtzellen zu einer vorzeitigen Beendigung der gemeinschaftlichen Unterbringung geführt hätte. Es sei davon auszugehen, dass es nur in Einzelfällen möglich gewesen sei, einen Gefangenen, der ein Rechtsmittel eingelegt habe oder eine günstige Entscheidung der Strafvollstreckungskammer herbeigeführt habe, in einen Einzelhaftraum zu verlegen. Sobald mehr als zwei oder drei Gefangene Rechtsmittel eingelegt hätten, wäre der Weg über die Verlegung in Schlichtzellen nicht mehr gangbar gewesen. Dann hätte man wieder auf die Warteliste zurückgreifen müssen, die anstaltsintern zur Wahrung der Rangfolge von Einzelhaftraumanwärtern geführt worden sei. Zudem hätten Einzelzellen vorrangig problembehafteten Gefangenen zur Verfügung stehen müssen. Der weitere Vortrag des Landes zu Verlegungsmöglichkeiten aufgrund der Fluktuation und...