Leitsatz (amtlich)
1. Die Frist zur Anfechtung von Beschlüssen der GmbH-Gesellschafterversammlung beginnt grds. mit Kenntnis des Gesellschafters von dem Inhalt der gefassten Beschlüsse.
Jedenfalls bei einer Vielzahl von Beschlüssen, deren Inhalt teilweise von den zuvor mitgeteilten Beschlussvorlagen abweicht, ist es erforderlich, dass die Beschlüsse in Schriftform vorliegen, damit die Anfechtungsfrist in Lauf gesetzt wird.
Einen Gesellschafter, der trotz Kenntnis von der Gesellschafterversammlung und der in der Einladung enthaltenen Tagesordnungspunkte nicht an der Gesellschafterversammlung teilnimmt, kann aber zur Vermeidung von Rechtsnachteilen die Pflicht treffen, sich über den Inhalt eventueller Beschlussfassungen in Kenntnis zu setzen.
2. Läuft die Einberufungsfrist für eine Gesellschafterversammlung an einem Sonntag ab, ist § 193 BGB jedenfalls dann nicht analog anzuwenden, wenn der eingeladene Gesellschafter zuvor seine Bereitschaft zu erkennen gegeben hatte, sich auch am Wochenende mit Belangen der Gesellschaft zu befassen. In dem Fall greift der Schutzzweck des § 193 BGB nicht ein.
3. In einer zweigliedrigen GmbH hat der Gesellschafter-Geschäftsführer auch dann kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung über seine Entlastung als Geschäftsführer, wenn der Beschluss auf einer Folgeversammlung gefasst werden soll und der andere Gesellschafter dieser und der vorangegangenen Gesellschafterversammlung trotz ordnungsgemäßer Einladung fern geblieben ist.
Normenkette
GmbHG §§ 47, 51; AktG § 246; BGB § 193
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 13 O 21/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 6.3.2002 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) des LG Bochum unter Zurückweisung des Rechtsmittels i.Ü. abgeändert.
Der in der Gesellschafterversammlung der … Gesellschaft …-mbH vom 17.12.2001 gefasste Gesellschafterbeschluss, die Gesellschafterversammlung beschließt einstimmig, Herrn Geschäftsführer H. für das Jahr 2000 zu entlasten wird für unwirksam erklärt.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Wegen der tatsächlichen Feststellungen des LG wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das LG hat die Klage auf Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen mit der Begründung abgewiesen, die Anfechtungsfrist sei nicht gewahrt. Diese habe mit der Beschlussfassung am 17.12.2002 begonnen. Der Kläger habe auch nicht auf die Übersendung des Protokolls der Gesellschafterversammlung warten dürfen, sondern sich rechtzeitig erkundigen müssen, zumal er mit den angefochtenen Beschlussfassungen habe rechnen müssen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers. Er wendet sich gegen die Auffassung des LG, wonach die Anfechtungsfrist bereits mit der Beschlussfassung in Lauf gesetzt worden sei. Hierzu meint er, es entspreche dem Stand der Rspr. und Lit. dass der Lauf der angemessenen Anfechtungsfrist zum Zeitpunkt der Kenntnis von der Beschlussfassung beginne. Erst dadurch werde der Gesellschafter in die Lage versetzt zu prüfen und zu entscheiden, ob er Beschlüsse anfechten wolle. Sofern die Gesellschaft alsbald Klarheit gewinnen wolle, liege es in ihrer Hand, den Gesellschafter kurzfristig zu informieren. Zudem habe hier der Kläger keineswegs mit der konkreten Beschlussfassung rechnen müssen. Selbst wenn man den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung am 17.12.2001 annehmen wolle, so meint der Kläger weiter, sei die Frist ebenfalls gewahrt. Die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AG gelte für die GmbH nur als Leitbild, lasse insb. bei besonderen Umständen eine längere Frist zu. Solche besonderen Umstände hätten hier in den Weihnachtsfeiertagen sowie dem 14-tägigen Urlaub des Anwalts des Klägers Anfang Januar gelegen.
Hinsichtlich der Begründetheit der Klage wiederholt der Kläger seine Auffassung, dass die Einladungsfrist nicht gewahrt sei. Entgegen der vom LG geäußerten Ansicht gelte bei der Berechnung der Frist die Vorschrift des § 193 BGB mit der Folge, dass die Einladungsfrist erst am Montag, dem 17. 12.2001 geendet habe und die Versammlung deshalb frühestens am 18.12.2001 habe durchgeführt werden dürfen.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Bochum vom 6.3.2002 die in der Gesellschafterversammlung der … Gesellschaft … mbH vom 17.12.2001 gefassten Gesellschafterbeschlüsse,
1. „Der Jahresabschluss zum 31.12.2000 entspr. dem allen Gesellschaftern zugestellten Entwurf mit einem Verlust von 13.414,55 DM wurde festgestellt und einstimmig beschlossen”;
2. „Die Gesellschafterversammlung beschließt einstimmig, Herrn Geschäftsführer H. für das Jahr 2000 zu entlasten”;
3. „Die Gesellschafterversammlung bestätigte den Beschl. v. 23.1.1998 zur Anschaffung eines neuen Dienstwagens für Herrn H. im Wert bis zu 60.000 DM. Weiterhin bestätigte die Gesellschafterversammlung, dass ein Volvo V 70 zum Netto-Preis samt Überführung von 59.396,55...