Leitsatz (amtlich)
Weihnachtstassen, Becher, Grablichter, Christbaumkugeln, Schneemannfiguren dürfen an Sonn- und Feiertagen von einem in Niedersachsen gelegenen Gartencenter nicht verkauft werden, weil sie kein Zubehör zu Blumen und Pflanzen sind.
Normenkette
NLöffVZG §§ 3-4; UWG §§ 3-4, 8
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 19.07.2012; Aktenzeichen 24 O 57/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.7.2012 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der Kläger, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., nimmt die Beklagte, die in P ein Gartencenter betreibt, auf Unterlassung wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4a) des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) in Anspruch und verlangt von dieser Erstattung von Abmahnkosten.
Am 27.11.2011, einem Sonntag, ließ der Kläger im Gartencenter der Beklagten Testkäufe durchführen. Ausweislich der eingereichten Verkaufsbons (Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 10 d.A.) wurden dabei ein "Midi Weihnachtsstern", Kinderstiefel, Meisenringe, Tassen, Christbaumkugeln, ein Grablicht, ein Becher, eine Schneemannfigur und Servietten erworben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe mit diesen Verkäufen gegen das Niedersächsische Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) verstoßen, wonach sie an Sonn- und Feiertagen ausschließlich Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen verkaufen dürfe.
Mit Schreiben vom 29.11.2011 mahnte der Kläger die Beklagte ab. Diese gab die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Kläger nicht ab.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd an Sonn- und staatlich anerkannten Feiertagen in einer Verkaufsstelle, die auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Nr. 4a) NLöffVZG geöffnet ist, andere Waren als Blumen und Pflanzen, nämlich Kinderstiefel, Weihnachtstassen, Meisenringe, Christbaumkugeln, Grablichter, Trinkbecher, Schneemannfiguren und Servietten zum Verkauf anzubieten oder zu verkaufen, und auch dem Antrag auf Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. 219,35 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch sei gem. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG i.V.m. § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 1 Nr. 4 NLöffVZG gegeben. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 4 NLöffVZG sei nicht verfassungswidrig. Mit dem Verkauf der in dem Klageantrag bezeichneten Gegenstände an einem Sonntag habe die Beklagte gegen die gesetzlichen Regelungen des NLöffVZG verstoßen. Sie habe sich nämlich nicht, wie gem. § 4 Abs. 1 Nr. 4 dieses Gesetzes erforderlich, "auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen" beschränkt. Bei den verkauften Gegenständen handele es sich weder um Blumen noch um Pflanzen. Auch die Argumentation der Beklagten, die Gegenstände seien als Zubehör zu Blumen und Pflanzen angeboten, überzeuge nicht. Letztlich könne diese Frage auch dahinstehen. Es sei nämlich davon auszugehen, dass die Beklagte die von dem Klageantrag erfassten Gegenstände nicht etwa als Zubehör zu Blumen und Pflanzen, sondern isoliert verkauft habe. Dafür sprächen die von dem Kläger vorgelegten Einkaufsbelege. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sei die Beklagte auch verpflichtet, dem Kläger die Kosten der Abmahnung i.H.v. 219,35 EUR zu ersetzen, weil die Abmahnung berechtigt gewesen sei.
Die Beklagte akzeptiert ihre Verurteilung zur Unterlassung hinsichtlich des sonn- und feiertäglichen Verkaufs von Kinderstiefeln und Meisenringen und entsprechender Verkaufsangebote sowie - nach diesbezüglicher Rücknahme ihrer Berufung - ihre Verurteilung zur Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten.
Mit ihrer Berufung wendet sie sich gegen das Urteil des LG im Übrigen mit folgender Begründung: Das LG habe die Klagebefugnis des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht, ohne dazu Feststellungen zu treffen, obwohl die Klagebefugnis bestritten worden sei. In der Sache habe es zu Unrecht angenommen, dass bei den Testkäufen am 27.11.2011 Zubehör ohne Pflanzen (isoliert) verkauft worden sei. Aus den vorgelegten Kassenbons ergebe sich, dass der Testkäufer bei dem ersten Kauf um 14.52 Uhr einen "Midi-Weihnachtsstern", also eine Topfpflanze, für 2,49 EUR erworben habe. Das LG habe daher klären müssen, ob die im Zusammenhang mit der Pflanze gekauften Grablichter und Weihnachtskugeln typisches Geschenkzubehör für Grabgestecke bzw. Weihnachtspflanzen seien. Es habe dann auch dem Beweisantritt nachgehen müssen, inwiefern der zweite Testkauf 24 Minuten später im Zusammenhang mit dem ersten gestanden habe. Aus dem zweiten Kas...