Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 18.09.1992; Aktenzeichen 2 O 43/92) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. September 1992 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn so abgeändert:
Die Klage wird gänzlich abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers übersteigt nicht 60.000,– DM.
Gründe
Die Berufung des Beklagten führt zur vollständigen Abweisung der Klage; die vom Landgericht ausgesprochenen Verurteilungen des Beklagten konnten aus Rechtsgründen nicht aufrechterhalten werden.
I.
Zum Urteilstenor zu 1):
Wegen der an dem Grenzzaun des Klägers entstandenen Seitenneigung ist eine Haftungsgrundlage auf seiten des Beklagten nicht ersichtlich. Hier ist zunächst festzustellen, daß letzterer in eigener Person keinerlei Abgrabungsarbeiten auf dem Grundstück … vorgenommen hat, so daß für eine unmittelbare Anwendung der §§ 823 Abs. 1 bzw. 823 Abs. 2, 909 BGB kein Raum ist.
So erübrigt sich in der Regel für den Bauherrn eine Aufsichtspflicht, wenn er einen als zuverlässig bekannten sachkundigen Architekten und einen solchen Bauunternehmer beauftragt hat (BGH NJW 1969/2140–2141–; VersR 1982/595–596–). Vorzugsweise im Bereich der Vertiefung von Grundstücken (§ 909 BGB) hat der Bundesgerichtshof allerdings den Bauherrn dann zu eigenem Eingreifen für verpflichtet gehalten, wenn er Gefahren sieht oder hätte sehen müssen, wenn er Anlaß zu Zweifeln hat, ob der von ihm Beauftragte den Gefahren und Sicherungserfordernissen in der gebührenden Weise Rechnung trägt, oder wenn dessen Tätigkeit mit besonderen Gefahren verbunden ist, die auch von dem Auftraggeber erkannt und durch eigene Anweisungen abgestellt werden können (BGH DB 1975/2434; 1976/2300).
All diese Voraussetzungen sind hier nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden. Der Kläger hat nicht behauptet, daß der Beklagte etwa wegen der bestehenden Bodenverhältnisse mit einem seitlichen Abkippen des Zaunes hätte rechnen müssen, oder daß er – der Kläger – ihn auf eine derartige Gefahr hingewiesen hätte. Es steht sonach nicht fest, daß ein mögliches Abkippen des Zaunes überhaupt für einen Nichtfachmann vorhersehbar und deshalb vermeidbar gewesen wäre.
Ein etwaiges Fehlverhalten seines Architekten oder des von ihm beauftragten Bauunternehmers kann dem Beklagten wiederum mangels einer entsprechenden Zurechnungsnorm nicht zur Last gelegt werden.
So kann zunächst eine Zurechnung nicht über § 278 BGB erfolgen. Zum einen besteht kein Vertragsverhältnis zwischen den hiesigen Prozeßparteien. Zum anderen ist auch ihr „nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis” nicht als gesetzliches Schuldverhältnis im Sinne von § 278 BGB zu begreifen. Das bloße nachbarliche Nebeneinander von Grundstücken verschiedener Eigentümer ist für sich allein nicht ausreichend, um zwischen den Beteiligten schuldrechtliche Beziehungen zu begründen (BGHZ 42/374–377–).
Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind weder der mit den Ausschachtungsarbeiten beauftragte Bauunternehmer noch der sie planende und beaufsichtigende Architekt als „Verrichtungsgehilfen” des Beklagten im Sinne von § 831 BGB anzusehen. Zu einer Verrichtung bestellt ist derjenige, dem von einem anderen, in dessen Einflußbereich er allgemein oder im konkreten Fall und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht, eine Tätigkeit übertragen worden ist (BGH WM 1989/1047).
Ein solches Abhängigkeits- und Weisungsverhältnis liegt sowohl bei einem Bauunternehmer als auch bei einem Architekten gegenüber dem Bauherrn nicht vor (BGHZ 42/374–375–). Dies gilt auch dann, wenn der Bauherr sich eine gewisse Oberleitung oder ein Einschreiten im Einzelfall vorbehalten hat (BGH VersR 1953/158). Auch ein Fehlverhalten anderer Handwerker, die in einem Abhängigkeits- und Weisungsverhältnis zu dem Bauunternehmer oder Architekten stehen, kann dem Bauherrn nicht zugerechnet werden. Diese sind ihrerseits allenfalls Verrichtungsgehilfen des Bauunternehmers oder des Architekten.
II.
Zum Urteilstenor zu 2) und 3):
Diese Urteilsaussprüche konnten wegen von Anfang an fehlender Passivlegitimation des Beklagten nicht aufrechterhalten werden.
1)
Es kann dahinstehen, ob der Beklagte durch die Errichtung der Fertiggarage auf dem ehemals ihm gehörigen Grundstück … innerhalb eines Abstandes von 30 cm bis 90 cm von der Grenze zum Grundstück des Klägers die nachbarschützende Norm des § 6 Abs. 5 BauO NW verletzt hat und dementsprechend einmal als Handlungs- oder Zustandsstörer nach §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB in Betracht gekommen ist.
Zwar ist durch den eventuell baurechtswidrigen Zustand eine potentielle Störungsquelle geschaffen worden, die für den Beklagten eine Pflicht zur Beseitigung statuiert haben könnte. Diese Beseitigungspflicht ist hier indessen durch die Vorratsteilung in sechs Miteigentumsanteile und deren anschließende Veräußerung entfallen.
Denn mit der Eigentumsumschreibung im Grundbuch – wobei der letzte Miteigentumsanteil am 14. Mai 1991 übertragen ...