Leitsatz (amtlich)
1. Über die Aufhebung einer zuvor erlassenen einstweiligen Verfügung entscheidet, wenn die Hauptsache anhängig ist, das Gericht der Hauptsache in ausschließlicher Zuständigkeit.
2. Das Berufungsgericht ist nicht durch § 513 Abs. 2 ZPO gehindert, die Zuständigkeit gemäß Leitsatz 1 zu prüfen.
3. Die Abweisung der Hauptsacheklage durch ein vorläufig vollstreckbares Berufungsurteil ist kein Umstand, der die Aufhebung der einstweiligen Verfügung, die zur Sicherung des Anspruchs erlassen ist, rechtfertigen kann, es sei denn, die Prüfung des vorläufig vollstreckbaren Berufungsurteils ergibt, dass es rechtlich zutreffend begründet und mit einem Erfolg des dagegen eingelegten Rechtsmittels nicht zu rechnen ist.
Normenkette
ZPO § 513 Abs. 2, §§ 927, 936, 943
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 29.08.2011; Aktenzeichen 44 O 52/08) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 29.8.2011 verkündete Urteil des LG Essen wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Antragsteller und ursprünglicher Verfügungsbeklagter (im Folgenden nur: Beklagter) begehrt wegen veränderter Umstände die Aufhebung einer gegen ihn vom Antragsgegner als Verfügungskläger (im Folgenden nur: Kläger) erwirkten einstweiligen Verfügung des LG Essen vom 14.5.2008 in der letztlich durch Urteil des Senats vom 15.7.2009 gefassten Form.
Dem liegt Folgendes zugrunde:
Der Beklagte war ursprünglich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der H Dienstleistungs GmbH, während der Kläger war zusammen mit Herrn H2 Geschäftsführer und Gesellschafter der Q Personalmanagement GmbH war. Beide Gesellschaften waren im Bereich der Personaldienstleistung und Zeitarbeitsvermittlung tätig, wobei die vom Beklagten gehaltene und geführte GmbH Kunde der Q Personalmanagement GmbH war.
Der Kläger, der im Sommer 2003 als Vertragspartner der S Management GmbH im Verhältnis zu dieser einem Wettbewerbsverbot unterlag, das er zu umgehen suchte, schloss mit seinem Mitgesellschafter, Herrn H2, und dem Beklagten, der daran interessiert war, Vorteile aus den Geschäftsbeziehungen des Klägers bzw. der Q Personalmanagement GmbH zu ziehen, am 24.6.2003 einen schriftlichen Vertrag, der von dem Steuerberater I entworfen und mit "Allgemeine Handlungsvereinbarung" überschrieben war.
Darin heißt es u.a.:
" (...) Beide Gesellschaften sind im Bereich der Outsourcing, Lohnarbeit, Arbeitnehmerüberlassung sowie sonstigen Personaldienstleistungen tätig. Die Vertragsparteien wollen ihre geschäftlichen Aktivitäten zukünftig gemeinsam in der H Dienstleistungs GmbH bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der H Dienstleistungs GmbH & Co. KG, ausüben. Die Parteien gehen davon aus, dass es den Herren Q und H2 gelingt, die bisherigen Kunden der Q Personalmanagement GmbH sowie auch eine wesentliche Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer auf die H Dienstleistungs GmbH überzuleiten. Eine gesellschaftrechtliche Verschmelzung der H Dienstleistungs GmbH sowie der Q Personalmanagement ist nicht erwünscht, da anderweitige vertragliche Bindungen eine Zustimmung Dritter zu dieser Verschmelzung erfordern würde.
Gleichwohl wollen die Gesellschafter sich gegenseitig so stellen, als ob eine gesellschaftsrechtliche Verschmelzung mit Wirkung zum 1.7.2003 durchgeführt würde.
(...)
Die Herren Q und H2 werden sich ab Januar 2004 als Treugeber über Treuhandverträge an der H Dienstleistungs GmbH bzw. der H Dienstleistungs GmbH & Co. KG zu je 1/3 beteiligen. Der Kaufpreis für die jeweiligen Anteile ist der Nominalwert des GmbHAnteils bzw. des entsprechenden Kommanditanteils.
Da die Liquidation der Q Personalmanagement GmbH geplant ist, wird keine Beteiligung i.H.v. 1/3 an der Q Personalmanagement GmbH durch Herrn H3 vorgenommen.
Wirtschaftlich sollen die drei Vertragsparteien so gestellt werden, als seien sie zu 1/3 an einer einheitlichen Gesellschaft, bestehend aus H Dienstleistungs GmbH und Q Personalmanagement GmbH beteiligt.
(...)"
Im November 2003 ist in Umsetzung der vorgenannten "Handlungsvereinbarung" zunächst die H Verwaltungs GmbH mit Sitz in N und einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründet worden, deren Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagte und Herr H2 waren. Diese Gesellschaft hat anschließend die Stellung der Komplementärin der im Dezember 2003 im Wege der formwechselnden Umwandlung aus der H Dienstleistungs GmbH hervorgegangenen H Dienstleistungs GmbH & Co. KG eingenommen, an der der Beklagte zunächst allein mit einer Kommanditeinlage von 25.000 EUR beteiligt war. Den Gesellschaftsvertrag der KG vom 15.12.2003 unterzeichnete allein der Beklagte für sich selbst und für die H Dienstleistungs GmbH. Ebenfalls unter dem 15.12.2003 unterzeichneten der Kläger, der Beklagte und Herr H2 eine "Zusatzvereinbarung zu dem Gesellschaftsvertrag der H Dienstleistungs GmbH & Co. KG", auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Anlage A5 - Bl. 84 GA).
Bereits zuvor hatte Herr H2 mit Schreiben vom 29.11.2003 seinen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer der Q Perso...